: Ehrung für einen rumänischen Faschisten
■ In Cluj soll eine Statue des Diktators und Militärherrschers Ion Antonescu errichtet werden. Auch Demokraten stimmten dafür
Bukarest (taz) – In Rumänien macht die Rehabilitierung des profaschistischen Diktators und Kriegsverbrechers Ion Antonescu weiter „Fortschritte“: Ende letzter Woche stimmte der Stadtrat im siebenbürgischen Cluj (Klausenburg) für die Aufstellung einer Antonescu-Statue. Der Bürgermeister von Cluj, Gheorghe Funar, der zugleich Vizepräsident der faschistischen Großrumänien-Partei (PRM) ist, hatte in den vergangenen Jahren mehrfach versucht, eine Antonescu-Statue aufstellen zu lassen. Das Vorhaben hatte der Stadtrat jedesmal abgelehnt.
Auf der Sitzung vom vergangenen Donnerstag stimmten nun auch die Vertreter demokratischer Parteien, darunter der Bauernpartei und der Liberalen, für die Statue. Lediglich die Vertreter der ungarischen Minderheit lehnten den Vorschlag ab.
Der Stadtratsabgeordnete Radu Moldovan, Mitglied der regierenden Bauernpartei, begründet das Votum, dass „wir sonst wegen unpatriotischen Verhaltens kritisiert worden wären“. Nach Ansicht von Karoly Palffy, einem Vertreter des Ungarn-Verbandes, ist es „eigentlich unvorstellbar, dass Vertreter demokratischer Parteien, die eine europäische Integration anstreben, für die Aufstellung der Statue eines Kriegsverbrechers eintreten“.
Marschall Ion Antonescu errichtete 1940 in Rumänien eine profaschistische Militärdiktatur und nahm als Verbündeter Hitlers 1941 am Überfall auf die Sowjetunion teil. Unter Antonescu wurden zahlreiche antisemitische Gesetze erlassen und Pogrome gegen Juden verübt. Nach Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion ordnete Antonescu die Deportation von Juden und Roma nach Transnistrien an. Dort kamen mindestens 120.000 Juden und 25.000 Roma um. Antonescu wurde 1944 gestürzt und 1946 als Kriegsverbrecher hingerichtet.
Der erste Rehabilitierungsversuch Antonescus fand 1975 statt, als der rumänische Schriftsteller Marin Preda in seinem Roman „Delirium“ Antonescu als patriotische Figur darstellte. Nach dem Sturz Ceausescus im Dezember 1989 avancierte Antonescu unter vielen Politikern und Intellektuellen Rumäniens zu einer der Hauptfiguren postkommunistischer Identitätsbildung. Das Parlament hielt im Juni 1991 eine Gedenkminute für Antonescu ab. Das rumänische Staatsfernsehen TVR sendete in den vergangenen Jahren zahlreiche Filme, in denen Antonescu verherrlicht wurde. Statuen von ihm stehen unter anderem in Slobozia und Piatra Neamt; Antonescu-Straßen haben die Städte Oradea, Timisoara und Tirgu Mures. I998 zog Rumäniens Generalstaatsanwaltschaft nach internationalen Protesten ein Vorhaben zurück, sechs unter Antonescu amtierende Minister zu rehabilitieren. Ein symbolisches Gericht aus Politikern und Historikern, das vor kurzem in Timisoara tagte, sprach Antonescu von Kriegsverbrechen frei. Keno Verseck
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