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Das ist wie auf einem Flohmarkt“

■  Harald A. Summa ist Geschäftsführer des Electronic Commerce Forum. Der Interessenverband deutscher Provider hat die Online-Shops unter die Lupe genommen. Das Ergebnis ist niederschmetternd. Ein Qualitätssiegel soll die Missstände abstellen

taz: Deutsche Online-Shops erfüllen nach Meinung des Electronic Commerce Forum nicht einmal die „Mindestanforderungen des Gesetzgebers an den Verbraucherschutz“. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung, die Sie in Auftrag gegeben haben. Warum regt sich ausgerechnet der Interessensverband der Provider darüber auf? Onlineshops sind doch die besten Kunden.

Harald A. Summa: Die Provider leben davon, dass dieses Geschäft professioneller wird und damit auch besser beim Publikum ankommt. Bei den 1.000 Online-Shops, die wir uns angeschaut haben, hatten wir oft nicht den Eindruck, dass da besonders viel läuft. Ich denke dabei aber nicht nur an den Providerverband, sondern darüber hinaus daran, wie wir uns den elektronischen Geschäftsverkehr insgesamt vorstellen. Wir wollen Vertrauen bilden.

Was ist denn nun so schlimm am deutschen Onlinehandel?

In 23 Prozent der Fälle haben wir nirgendwo die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gefunden. Wenn die fehlen, ist es überhaupt nicht möglich, eine rechtlich verbindliche Bestellung aufzugeben. Manchmal fehlte sogar die Postanschrift, so dass man sich fragen muss, ob eine bestimmte Firma wirklich existiert und nicht nur irgendeine Garagenadresse hat.

Aus Ihrer Untersuchung ziehen Sie den Schluss: „Kaufmännische Grundsätze scheinen im Cyberspace außer Kraft gesetzt zu sein.“ Sind das nun lauter Kleinkriminelle?

Nein, natürlich nicht. Das ist eher wie ein Flohmarkt. Wir reden ja nicht von Karstadt oder Quelle, sondern von den vielen kleinen Onlineläden. Die werden von irgendjemand aufgemacht, bloß weil es ein anderer auch schon so gemacht hat. Aber viele haben schlicht keine Ahnung, was es heißt, ein solches Geschäft professionell zu führen. Es fehlt an allem. Ein Viertel der von uns untersuchten Firmen bietet nicht einmal eine so genannte Warenkorb-Funktion an, die es dem Kunden erlaubt, einen Artikel auszuwählen und auch wieder zurückzulegen, wenn er es sich vor der Bestellung doch noch einmal anders überlegt hat. Dann kommen Auslieferungsgebühren hinzu, die in 43 Prozent der Fälle mehr als zehn Mark betragen. Oft sind diese Zusatzkosten nur schwer auf der Website zu finden. Vom Preisvorteil des Onlineeinkaufs bleibt so nicht mehr viel übrig. Drei Viertel der untersuchten Firmen liefern außerdem nur gegen Nachnahme, in drei Prozent der Fälle war es nicht einmal möglich, die Ware gegebenenfalls zurückzugeben. Und 82 Prozent übertragen die Daten ihrer Kunden völlig unverschlüsselt, obwohl die Kunden ein Recht auf Verschlüsselung haben.

Was kann der Providerverband dagegen tun?

Wir wollen ein Qualitätssiegel einführen, an dem man sofort erkennen kann, ob es sich hier um ein professionelles Angebot handelt oder nicht. Mit der Formulierung sind wir noch nicht ganz fertig. Es wird mehrere Kategorien geben. Zum einen die allgemeinen Geschäftsgrundlagen. Dazu gehören die Angaben über die Firma selbst und Regeln über den Umgang mit Kundendaten. Wir orientieren uns dabei an den Rahmenempfehlungen der OECD für den elektronischen Handel. Unterhalb dieser Ebene werden wir unter anderem Kriterien für Aufbau der Website und des Kundenservice entwickeln, die im wesentlichen den Forderungen der Verbraucherschützer entsprechen. Wir selbst werden das Siegel nur herausgeben und verwalten. Ein unabhängiges Trust-Center wird kontrollieren, ob sich die Mitgliedsfirmen tatsächlich an unsere Bedingungen halten, und wir werden eine Online-Community von Konsumenten und Anbietern einrichten, in der diese Fragen weiter diskutiert und Erfahrungen gesammelt werden. In diesem Rahmen können Kunden von Online-Shops ihre Beschwerden vortragen.

An den Staat haben Sie dabei nicht gedacht?

Doch, wir dachten an eine Anschubfinanzierung . . .

Das freut den Finanzminister. Die Frage ist wohl eher, ob der Staat gegen solche Missstände Gesetze erlassen sollte. Im Multimediagesetz gibt es bereits Ansätze dazu.

Ich habe nicht den Eindruck, dass von Seiten der Regierung in der nächsten Zeit dazu etwas kommt. Das ist auch gar nicht notwendig. Es geht uns darum, Vertrauen zu bilden, und wir sind große Anhänger des Prinzips des Selbstregulierung.

Interview: Niklaus Hablützel

Electronic Commerce Forum:

www.eco.de

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