: Anschluss an Skandinavien
■ Kontroverse um den Weiterbau der Ostseeautobahn A20 und die geplante Elbquerung westlich von Hamburg
Der Beschluss der rot-grünen Bundesregierung, den Weiterbau der Autobahn 20 westlich von Lübeck einschließlich einer weiteren Elbquerung nicht als vorrangig zu betrachten (taz berichtete), hat auch gestern für weitere Diskussi-onen gesorgt. Das Kieler Wirtschaftsministerium sieht die bisherige Planung nicht in Frage gestellt. „Wir sind nur damit gescheitert, das Projekt noch weiter zu beschleunigen“, sagte Ministeriumssprecherin Susanne Lapp. Der Weiterbau der A 20 sei für spätestens 2003 geplant. Die Autobahn solle bis 2005, die Elbquerung westlich Hamburgs bis 2010 fertig sein.
Die Kritiker sehen das anders. Nach Ansicht von Reinhard Wolf, Verkehrsexperte der Hamburger Handelskammer, berücksichtigt die bisherige Planung zu wenig die dynamische Wirtschaftsentwicklung in Südskandinavien. Die Region Malmö-Kopenhagen, mit rund 3,5 Millionen Bewohnern ähnlich groß wie die Region Hamburg, werde in den kommenden Jahren Spitzenwerte bei der Wirtschaftentwicklung und im Straßenverkehr erreichen.
Vor allem die spektakulären neuen Verkehrstrassen in Skandinavien scheinen den Kritikern Recht zu geben. Wenn die 7,8 Kilometer lange Öresund-Brückverbindung zwischen Schweden und Dänemark am 1. Juli 2000 für den Auto- und Bahnverkehr freigegeben wird, rechnen Experten mit mehr Verkehrsaufkommen auch in Richtung Süden. Unterstützt werden sie durch Erfahrungen mit der Tunnel-Brücken-Querung über den Großen Belt in Dänemark. Die 18 Kilometer lange Verbindung werde täglich von rund 14.000 statt der erwarteten 7000 bis 10.000 Fahrzeuge genutzt. Auch die Bahn berichtet über eine Auslastung ihrer Kapazitäten.
Anfang Oktober sprachen sich Wirtschaft und Politik in Schweden, Dänemark und Norddeutschland für den Bau einer festen Querung über den rund 20 Kilometer breiten Fehmarnbelt zwischen Deutschland und Dänemark aus. Nach ersten Prognosen dürfte dadurch der Verkehr auf der Vogelfluglinie um 40 Prozent zunehmen.
Wenn es in Norddeutschland „keinen entsprechenden Anschluss geben wird“, befürchtet Wolf, „behindern wir nachhaltig die wirtschaftliche Integration Nordeuropas.“ Dabei ist sich Wolf mit den Zielen der Verkehrsplaner einig: „Allerdings müssen die Nordtrasse der A 20 und die Elbquerung früher kommen.“ Oliver Schirg
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