piwik no script img

Grundrecht auf Konsum

■ City-Manager: Bettler vertreiben, Demos verbieten. Breite Kritik

Die Ideen, mit denen der frisch eingesetzte City-Manager Henning Albers mehr KundInnen in die Hamburger Innenstadt locken will, sind gestern auf breite Empörung gestossen. Die Vorschläge zeugten von „mangelnder sozialer Verantwortung und Gemeinsinn“, kommentierte die Gewerkschaft der Polizei (GdP). Stephan Karrenbauer vom Obdachlosen-Projekt Hinz&Kunzt sprach von einem „Rückfall in die politische Steinzeit“, der Regenbogen attestierte Albers einen „glatten Fehlstart“.

In der Tat hatte Albers olle Kamellen unters Volk geworfen. Analog zum gescheiterten „Bettlerpapier“ von Innensenator Hartmut Wrocklage forderte er im Abendblatt eine „Innenstadtverordnung“: Sie soll der Polizei ermöglichen, Bettler und Obdachlose an weniger konsumträchtige Orte zu verfrachten. Demonstrationen, die ebenfalls Kunden abschreckten, sollten an Samstagen um die City einen Bogen schlagen. Die Mönckebergstraße sei abends und an Sonntagen für den Autoverkehr zu öffnen.

„Die Vorstellungen von Herrn Albers laufen auf eine massive Einschränkung von Grundrechten hinaus“, erklärte Heike Sudmann vom Regenbogen. „Sie werden zudem dazu führen, dass die Innenstadt an Lebendigkeit verliert.“ Das Problem der Einkaufs-City bestehe vor allem in den immer monotoneren und langweiligeren Angeboten der Geschäfte. Der City-Manager solle sich auf die Verbesserung des Branchenmixes konzentrieren.

Albers werfe den Dialog zwischen Politik und Einzelhandeln um zwei Jahre zurück, ärgerte sich GAL-Fraktionschefin Antje Möller. „Bedauerlicherweise scheint Herr Albers über den aktuellen Diskussionsstand nicht informiert zu sein“, kommentierte Karrenbauer. Die hohe Arbeitslosigkeit, der mangelnde Service und die Verödung der City seien schuld am Umsatzrückgang – nicht die Obdachlosen.

SPD-Fraktionschef Holger Christier versicherte, seine Partei wolle „keine neue Bettlerdebatte“. SPD-Sozialsenatorin Karin Roth erklärte: „So grenzt man Menschen weiter aus, die schon ausgegrenzt sind.“ Die GdP wandte sich gegen die ebenfalls vorgeschlagene Privatisierung von Einkaufsstraßen. „Die Innenstadt gehört allen Bürgern und nicht nur den Geschäftsleuten“, erklärte die Gewerkschaft.

Gernot Knödler

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen