: Auswärts wird nicht gedrückt
Dezentrales Konzept des Senates zur Drogenpolitik geht bisher nicht auf. BAGS kritisiert trotzdem die etablierten Druckräume ■ Von Peter Ahrens
Die Politik des Senates, die Drogenszene durch die Verteilung von Druckräumen über die Stadtteile zu dezentralisieren, geht bisher nicht auf. Das geht aus den Zahlen hervor, die die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales BAGS dem Haushaltsausschuss zur Information vorlegt. Danach ist besonders die Auslastung der neuen Fixerstuben Kodrobs in Ottensen und Café Drei an der Hoheluftbrücke knapp ein Jahr nach ihrer Einrichtung noch gering.
Das Konzept der Dezentralisierung war von den Mitarbeitern der seit Jahren bestehenden Druckräume wie dem Fixstern im Schanzenviertel stets kritisiert worden. Sie verlangen stattdessen zusätzliche Räume dort, wo die Drogenszene ist – in St.Georg und im Schanzenviertel. Dagegen will der Senat die Szene „entzerren“.
Dieses Konzept scheint jedoch zumindest bisher nicht zu funktionieren. Die Auslastung im Cafè Drei lag im Dezember, gemessen an den Kapazitäten, mit 265 Druckraumnutzern bei gerade 14 Prozent, bei Kodrobs, wo 147 Leute den Druckraum besuchten, bei sechs Prozent. Im Vergleich: Drob-Inn am Hauptbahnhof hatte im September 5018 Druckraumbesuche – das macht eine Auslastung von 131 Prozent, Fixstern mit 2199 Besuchen lag noch bei 76 Prozent.
Die BAGS möchte ihre Politik trotzdem nicht ändern. In einer Antwort des Senates auf eine Anfrage des Reegenbogen-Abgeordneten Lutz Jobs geht die BAGS davon aus, dass „erfahrungsgemäss im zweiten Jahr nach Inbetriebnahme die Fallzahl hinsichtlich der Nutzung von Gesundheitsräumen deutlich ansteigt“. Auch in dem Bericht an den Haushaltsausschuss setzt sich die Behörde lieber kritisch mit Fixstern und Drob-Inn auseinander, als ihr eigenes Konzept in Frage zu stellen. In der Bewertung des Fixstern wird darauf hingewiesen, dass „ortsansässige Gewerbebetriebe sich von der starken Präsenz der zu versorgenden Personengruppe in ihrer Existenz bedroht fühlen“ und die Anziehungskraft der Einrichtung „zunehmend durch andere Bewohner und Nutzer des Stadtteils abgelehnt“ werde. Und zum Drob-Inn am Hauptbahnhof heißt es: „Die offensichtliche Attraktivität des Angebotes muss kritisch hinterfragt werden.“
Die neuen Druckräume im Cafè Drei und Kodrobs werden dagegen von der Kritik ausgenommen. Ihnen wird ein „tendenzieller Anstieg“ attestiert. Bei Kodrobs und im Café Drei praktiziert der Senat das System, das die Besucher zuvor einen Vertrag unterschrieben, um, so Sozialsenatorin Karin Roth, „den Zugang zu den Druckräumen zu steuern“. Ein solches Konzept wird zum Beispiel vom Verein freiraum, der den Fixstern betreibt, abgelehnt.
Der Regenbogen bezeichnet das Konzept des Senats angesichts der Zahlen als gescheitert. Der Bericht zeige, „dass an den zentralen Standorten dringend Entlastung geschaffen werden muss“. Nur die akzeptierende Drogenarbeit, wie sie Fixstern oder Drob-Inn leisten, „erreicht einen großen Teil der Drogenabhängigen“.
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