: Tschetscheniens Präsident ruft Clinton um Hilfe
■ Moskauer Zeitungen spekulieren über Kurswechsel Jelzins auf Druck des Westens
Moskau/Grosny (rtr/AFP) – Der tschetschenische Präsident Aslan Maschadow hat gestern US-Präsident Bill Clinton zur Hilfe im Konflikt mit Russland aufgerufen. Maschadow appellierte in einem Schreiben an die USA, einen „Völkermord“ in Tschetschenien zu verhindern und ihr Gewicht zur Verteidigung der Menschenrechte einzusetzen. Tschetschenien sei zum Dialog bereit, betonte Maschadow einer Meldung der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Voraussetzung sei, dass das Recht der Tschetschenen, frei und sicher zu leben, respektiert werde.
In Moskau berichteten mehrere Zeitungen am Samstag, Präsident Jelzin wolle den Krieg auf Druck des Westens in Kürze beenden und sich möglicherweise von seinem Regierungschef trennen. Die Konsomolskaja Prawda schrieb, Jelzin werde heute Wladimir Putin beauftragen, Gespräche mit Maschadow aufzunehmen und mehrere hochrangige Militärs zu entlassen. Der Regierungschef, der dies strikt ablehnt, könne dann nur noch seinen Hut nehmen. Jelzin hatte Putin erst im August zum dritten Regierungschef innerhalb eines Jahres ernannt.
Die russische Militärführung dementierte derweil Zeitungsberichte vom Freitag, wonach es erhebliche Differenzen zwischen Kreml und Militär über das weitere Vorgehen in der abtrünnigen Kaukasusrepublik gibt. Verteidigungsminister Igor Sergejew und Generalstaatschef Anatoli Kwaschnin erklärten, jeder Versuch, das Militärkommando zu untergraben, sei zum Scheitern verurteilt.
Die russischen Truppen setzten ihre Angriffe auf Ziele in Tschetschenien auch am Wochenende fort. Dabei wurden laut tschetschenischer Seite am Sonntag mindestens zehn Menschen getötet. Auch das Bahnhofsviertel von Grosny wurde getroffen. An der Grenze zur Nachbarrepublik Inguschetien warteten weiterhin tausende Kriegsflüchtlinge auf Durchlass.
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