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Katerstimmung bei TeBe

■  Nach dem dürftigen 2:2 gegen Mönchengladbach verliert Tennis Borussia den Anschluss an die Tabellenspitze der 2. Liga. Mühsam hält Trainer Schäfer Konflikte in seinem Team unter Kontrolle

Winfried Schäfer ist um seinen Arbeitsplatz zu beneiden. „Warum soll ich Druck haben?“, fragte der Trainer des Fußball-Zweitligisten Tennis Borussia.

Am späten Montagabend schien er das dürftige 2:2 seines hoch dotierten Aufstiegsfavoriten gegen die vehement um den Klassenerhalt kämpfende Elf aus Mönchengladbach weniger dramatisch zu nehmen, als es der Blick auf die Tabelle vermuten lässt: Nach zwei sieglosen Heimspielen in Folge haben die Berliner den Kontakt zu dem auf fünf Punkten enteilten Spitzenduo 1. FC Köln und Energie Cottbus vorerst verloren.

Für Schäfer offensichtlich kein Problem. Think positive! Wer zweimal in Rückstand gerate wie seine Mannschaft „und das Spiel dann noch fast umbiegt“, der habe sogar ein Lob verdient.

Während der 90 Minuten auf dem Rasen hatten 5.100 Zuschauer im Mommsenstadion zuvor einen ganz anderen Schäfer erlebt. Wild gestikulierend sprang „Winni Wahnsinn“ jedesmal auf, wenn ihm eine Schiedsrichterentscheidung nicht behagte – und das passierte nicht selten.

Nach einer Stunde Spielzeit hatte der Unparteiische, Bernd Hauer aus Celle, die Nase voll und verwies den nervenden Trainer seines Arbeitsplatzes. „Die Schiris stehen halt unter Druck“, zeigte Schäfer sogar Verständnis für seinen Gang ins Publikum. Prompt erzielte der Marokkaner Ouakili den verdienten 2:2-Ausgleich gegen die Borussia aus Mönchengladbach, was bei Schelmen auf der Tribüne die Bemerkung provozierte, ohne Schäfer laufe es bei den Tennisborussen besser.

„Wir haben zwei Punkte verloren“, gab Sergej Kirjakow, der Russe im TeBe-Angriff, nach dem Abpfiff unumwunden zu. Auch sein Teamkollege Ansgar Brinkmann trauerte den zahlreichen vergebenen Torchancen nach: „Wir haben den Sieg leichtfertig verschenkt.“ Aber vielleicht war ihr Übungsleiter ja schon froh, wenn nicht den Gegner, dann wenigstens seine Spieler im Griff zu haben.

In den Tagen vor dem Gladbach-Match drohte die Schäfer-Herde zu implodieren. Erst bellte Brinkmann den Coach an, er lasse sich nicht verarschen und ins zweite Glied verbannen. Auch Stürmerstar Sas Ciric muckte auf, verlangte sogar die Freigabe für einen anderen Arbeitgeber, weil er nicht auf der Ersatzbank versauern wollte.

Gegen Gladbach durften – welch glückliche Fügung! – beide Rebellen von Anfang an beweisen, was sie können. Das war nicht eben viel, aber ihr Trainer klimperte geschickt auf der diplomatischen Tastatur, um die schwache Vorstellung seiner Sorgenkinder zu einem Top-Event hoch zu jazzen. „Sasa hat viel gerackert, Ansgar hat gute Aktionen gehabt!“, betonte Schäfer. Leider bekamen die Fans wenig mit.

Think positive! Die Therapie der Borussen, die sich seit Saisonbeginn einen Mentaltrainer leisten, zeigte Wirkung. Im VIP-Raum, gestärkt mit feinen Häppchen, waren sich die Spieler einig, dem nächsten Gegner – dem Aufsteiger Waldhof Mannheim – mal so richtig zu zeigen, wer Herr der 2. Liga ist. Jürgen Schulz

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