■ Vorlauf: Mit dem Holzheiligen
„Wilde Herzen: Hin und weg“, 20.15 Uhr, ARD
Das Blut des heiligen Märtyrers Sebastian, das für deines Namens Bekenntnis ward vergossen, verkündet, Herr, deine Wunder, der du in den Schwachen mächtig bist ... So steht sie in der „Legenda aurea“, die Quintessenz vom Leiden des hl. Wastl. Und irgendeinen Grund muss es doch geben, warum ausgerechnet eine olle (300.000 Mark teure!) Holzfigur des Schutzheiligen der Pestkranken und Jäger eine Schlüsselrolle spielt in der Geschichte von David und Natascha ...
Und die geht so: David ist schon so alt, dass er Papis BMW fahren darf. Natascha hingegen wird erst nächsten Monat 18 und hätte, wenn ihr nicht plötzlich das „Hin und weg“-Drehbuch dazwischengekommen wäre, wohl auch ihre Volljährigkeit in jener „heruntergekommenen Hochhaussiedlung“ (Pressetext) feiern müssen, die sie ihr Zuhause nennt, während David seinerseits in seiner „vornehmen Villengegend“ (dito) auch weiterhin nichts mit sich und der Welt anzufangen gewusst hätte. David hat nämlich nicht nur keine Mutter mehr, sondern auch einen Vater im Knast bzw. 'ne weiche Schale und 'nen harten Kern. Und weil das alles bei Natascha genau umgekehrt ist, sind die beiden nach 90 Minuten ein Paar.
Zuvor jedoch müssen sie natürlich ein Abenteuer erleben – mit dem Holzheiligen, mit kleinen Stunt- und Bettszenen, Verrat und Verzweiflung, aber auch liebenswerten Miniaturen wie dieser: „Jeder Proll kauft sich in Amsterdam Holzschuhe“, sagt David, nachdem sich Natascha in Amsterdam Holzschuhe gekauft hat, worauf Natascha leichthin antwortet: „Ich bin Proll, David.“
Und selbst als Natascha-Darstellerin Katharina Schüttler ein „Ich liebe dich“ sagen muss, klingt das kaum pathetischer, als es ein Teenager wohl auch empfindet: nicht unbedingt nach Shakespeares Romeo und Julia, wie der Spiegel schreibt; eher wie die Reifeprüfung von Enid Blytons Julian und George, wem das was sagt. All jenen aber, die mit dem Namen Lara Croft mehr anzufangen wissen, gefällt „Hin und weg“ bestimmt besser. csch
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