: Ethnischer Krieg in Nigeria
■ Milizen im Nigerdelta töten sieben Polizisten nach blutigen Pogromen in Lagos
Berlin (taz) – Die ethnischen Spannungen in Nigeria eskalieren. Militante Jugendliche des Ijaw-Volkes, größte Ethnie der Ölfördergebiete im Niger-Flussdelta, töteten am Montag sieben Polizisten, die sie letzte Woche gefangengenommen hatten. Die Morde ereigneten sich, während in Nigerias Hauptstadt Abuja der Nationale Sicherheitsrat zu Sonderberatungen zusammentrat.
Die Ijaw-Milizen befinden sich seit Jahren im bewaffneten Aufstand. Vor einer Woche hatten sie ihren Kampf erstmals aus dem Nigerdelta in Nigerias größte Stadt Lagos getragen. Bei Zusammenstößen zwischen Ijaws und militanten Angehörigen des Yoruba-Volkes im Vorort Ajegunle nahe dem Hafen von Lagos wurden Anfang vergangener Woche mindestens 15 Menschen getötet. Viele Ijaws, die seit den 30er-Jahren in Ajegunle leben, mussten das Gebiet verlassen, und ihre Häuser gingen bei Angriffen der extremistischen Yoruba-Organisation „Oodua People's Congress“ (OPC) in Flammen auf.
Der OPC gelang es einige Tage lang, Ajegunle unter ihre Kontrolle zu bringen und systematisch Jagd auf Nicht-Yorubas zu machen, bevor die Polizei eingriff. Die Organisation, die aus radikalen Elementen der Demokratiebewegung hervorging und Anhänger eines ethnisch reinen Yoruba-Staates mit Angehörigen krimineller Jugendbanden vereint, macht seit Monaten immer wieder bei ethnischen Unruhen in Nigeria von sich reden. Am Montag traten die Betreiber des öffentlichen Nahverkehrs in Lagos in den Streik, um gegen illegale Geldeintreibungen selbsternannter OPC-Aktivisten zu protestieren.
Nach den Pogromen in Lagos hatte der Ijaw-Dachverband INYM (Ijaw National Youth Movement) der OPC am Dienstag letzter Woche eine Sieben-Tage-Frist zur Freilassung gefangener Ijaws gesetzt und drohte, ansonsten Yorubas im Niger-Delta zu jagen. Das Ultimatum wurde jetzt in letzter Minute zurückgezogen. Stattdessen wurden die sieben gekidnappten Polizisten getötet. Man hielt sie für Yorubas, was sich im Nachhinein für sechs von ihnen als falsch herausstellte. Sie gehörten zu einer Sondereinheit, die versucht hatte, im Nigerdelta die Bildung von Ijaw-Stoßtrupps für einen bewaffneten Marsch auf Lagos zu verhindern. D.J.
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