FAZ-Mag: Heldentod

(101) Während die anderen Zonenkinder für ihren „Mut“ gelobt und für ihre „Zivilcourage“ gestreichelt wurden, saß Egon Krenz im Kohlenkeller und übte Gefängnis. Er hatte die Mauer aufgemacht, und die Heulbojen bekamen den Lohn. Es war eine ungerechte Welt. Angefangen hatte das Unglück, als er lange Hosen hatte tragen müssen, dachte der ehemalige FDJ-Anführer. Kurze Hosen waren die Lösung. In kurzen Hosen kann man einfach nicht lügen. Wenn alle immer eine kurze Hose trügen und ein blaues Hemd, wäre alles gut. Jetzt aber war alles schlecht. Sechseinhalb Jahre sollte er in den Knast. Dabei hatte er doch immer nur gemacht, was ihm gesagt wurde. So gesehen hätte er eigentlich „lebenslänglich“ verdient, grübelte er. Und Markus Wolf, der Schlickenfänger, lief frei herum. Krenz erhob sich und hielt den Briketts eine Rede. „Wenn ich das neue Jahrtausend in einer Zelle erlebe, so werde ich in dieser Zelle die Hoffnung hochhalten – die Hoffnung auf ein besseres Deutschland.“ Krenz war ergriffen von seinen eigenen Worten. „Ich werde Deutschland nicht verlassen!“ japste er. Denn der Zonenpatriot/ ist noch doof bis in den Tod.