: Opfer der Spaltung
■ Zersplitterte Linke unterliegt im Kampf der NRW-Grünen um die Landtagsliste
Düsseldorf (taz) – Vorzeitig und beinahe fluchtartig verließ Christiane Bainski am Samstagmittag die Düsseldorfer Rheinterrasse. Roland Appel blieb bis zum bitteren Ende. Für die beiden Sprecher der grünen Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen war das vergangene ein schwarzes Wochenende. Sechs Monate vor der Landtagswahl im Mai nächsten Jahres haben die NRW-Grünen auf ihrem Landesparteitag ihre Fraktionsspitze demontiert.
Die beiden „Regierungslinken“ scheiterten mit weniger als 40 von über 260 Stimmen deutlich bei ihren Versuchen, erneut auf einen sicheren Listenplatz für den Wiedereinzug in den Landtag zu gelangen. Appel und Bainski sind die prominentesten Opfer der Spaltung des linken Flügels in der innerparteilichen Auseinandersetzung um die rot-grüne Koalition in NRW in „Regierungslinke“ und „kritische Linke“.
Profitiert von dieser Spaltung haben die Realpolitiker: Von den ersten vier Listenplätzen gingen gleich drei an Realos. Bei der Listenausstellung vor fünf Jahren waren noch zwei Drittel der Plätze an Linke vergeben worden. Wie schon 1990 und 1995 wird die Partei auch diesmal mit Umweltministerin Bärbel Höhn als Spitzenkandidatin antreten. Obwohl „Regierungslinke“, ist sie strömungsübergreifend unumstritten und musste sich als einzige keiner Gegenkandidatur erwehren. Auf Platz 2 folgt der stellvertretende Ministerpräsident Michael Vesper.
Zersplittert in drei Strömungen und vier Regionen, bewegte sich der Landesparteitag teilweise am Rande der Handlungsunfähigkeit. So benötigten die Delegierten allein für die Besetzung der aussichtsreichen Listenplätze 10 und 12 jeweils mehrere Stunden und acht Wahlgänge, bis sich doch noch ein Kandidat durchsetzen konnte. Fachpolitiker der bisherigen Landtagsfraktion hatten es dabei schwer. So blieben die beiden exponierten Bildungspolitikerinnen Ingrid Fitzek und Brigitte Schumann ebenso auf der Strecke, wie der Agrarexperte Siegfried Martsch. Der Flüchtlingspolitische Sprecher der Fraktion, Jamal Karsli, schaffte noch gerade den Sprung auf den unsicheren Platz 18. Dass trotz mehrerer Kandidaten kein Migrant einen aussichtsreicheren Listenplatz erringen konnte, wertete der Deutsche aus Syrien als „Armutszeugnis“.
Auch der Wortführer der „kritischen Linken“, Daniel Kreutz, wird nicht mehr dem kommenden Landtag angehören. Kreutz hatte in seiner Bewerbungsrede die Politik der Parteimehrheit scharf attackiert. Bei den Grünen habe „die Inszenierung der grünlackierten FDP längst begonnen“, sagte Kreutz. Pascal Beucker
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