■ Kommentar: Knüppeldick i Das Sparen ist nicht zu Ende, es fängt erst an
Die Fachpolitiker von CDU und SPD schmieden schon eifrig Zukunftspläne. In den Arbeitsgruppen, in denen sie gerade die Schlussrunde der Koalitionsgespräche am kommenden Wochenende vorbereiten, wachsen die Wunschlisten. An den Hochschulen soll die Zahl der Studienplätze wieder um fünfzehntausend auf hunderttausend steigen. An den Schulen soll endlich die Gebäudesanierung in Gang kommen. Der Kulturbereich soll der Metropole neuen Glanz verleihen, und bei der Förderung von Wirtschaft und Arbeitsplätzen will der neue Senat natürlich auch nicht knausern. Dieses Programm entspricht einer verbreiteten Stimmung in der Stadt. Die zehn sauren Jahre zwischen Mauerfall und Regierungsumzug sind vorbei, jetzt soll es endlich rund gehen in der Metropole. Viele Einschnitte haben die BerlinerInnen in jener Zwischenzeit nur in der Gewissheit hingenommen, mit dem Sparen werde es in absehbarer Zeit ein Ende haben.
Die Wahrheit aber ist: Die wirklich harten Zeiten fangen jetzt erst an. Der Verkauf des städtischen Tafelsilbers und das Abschmelzen bürokratischer Fettpolster aus den Zeiten West- und Ostberliner Privilegien haben es möglich gemacht, dass sich die Sparpolitik auf jeden einzelnen Berliner weit weniger krass ausgewirkt hat als zunächst befürchtet.
Jetzt aber kommt es knüppeldick. Die großen Energieversorger sind in privater Hand, die Immobilienpreise im Keller: Zu verkaufen gibt es kaum noch etwas. Deshalb klaffen im Haushalt große Löcher, die bei einer Neuregelung des Finanzausgleichs noch wachsen werden. Dass Berlin den Regierungsumzug, jahrelang als Wachstumsfaktor eingefordert, nun plötzlich als „Last“ verkauft und dafür Geld verlangt – damit werden die Politiker von der Spree bei den übrigen Ländern und beim Bund wenig Verständnis finden.
Es ist schön, dass CDU und SPD trotz dieser Lage Prioritäten setzen wollen – beispielsweise im Bildungsbereich. Soll es nicht bei Versprechungen bleiben, müssen die Partner allerdings sagen, wo das Geld dafür herkommen soll. Und da beginnen die Zukunftspläne dann wirklich mutig zu werden.
Ralph Bollmann
Bericht Seite 20
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