: Zuflucht für jugoslawische Deserteure
■ Münster ist die erste Stadt, die Deserteuren der jugoslawischen Armee Zuflucht gewährt. Auch andere Städte ziehen jetzt nach
Münster (taz) – Es ist zwar ein diplomatisches Rätsel – aber seit gestern sind Zoran P. und Milan O. in Münster. Die beiden Jugoslawen hatten sich im Kosovo-Krieg trotz drohender langjähriger Haftstrafen der Zwangsrekrutierung entzogen und nach Budapest abgesetzt. Anfang September hatte die damalige Oberbürgermeisterin Marion Tüns (SPD) die beiden eingeladen. Sie erhalten jetzt eine unbefristete Aufenthaltsbefugnis.
Damit ist erstmals ein Münsteraner Ratsbeschluss vom Mai 96 in die Tat umgesetzt worden. Auf Initiative des „Bündnisses 8. Mai“ wurde mit damals rot-grüner Mehrheit beschlossen, Deserteure und Kriegsdienstverweigerer aus Kriegsgebieten aufzunehmen und für ihre Versorgung aufzukommen.
Ein ähnlicher Beschluss wurde 1998 auch in Osnabrück gefasst. Doch bislang weigerten sich die deutschen Botschaften, Visa auszustellen. Die Initiativgruppen beider Städte forderten während des Kosovokriegs den grünen Außenminister Joschka Fischer auf, das zu ändern.
Dessen Signale waren wohlwollend aber uneindeutig. Noch immer gültig, heißt es im Außenamt, sei ein Erlass von 1994. Der besage, Asyl könne nur auf deutschem Boden beantragt werden. Allerdings könnten Personen mit „singulären Sonderschicksalen“ Aufnahme in Deutschland finden. Das Fischer-Ministerium habe die Botschaften angewiesen, solche Fälle, zu denen auch Desertion in der Kosovo-Krise zähle, zu berichten. Es lägen jedoch bis heute keine Berichte über derartige Visaanträge vor. Was eigenartig erscheint, denn Milan O. und Zoran P. haben ja Visa erhalten. In Münster aber wird ein erster großer Erfolg gesehen, von dem Signalwirkung ausgehe. Ziel der Initiativen ist es, ein Netz von aufnahmebereiten Städten entstehen zu lassen, um Kriegsverweigerern aus aller Welt Zuflucht zu geben. Daraus scheint langsam etwas zu werden. In Bonn fällte der Stadtrat Anfang September einen vergleichbaren Beschluss. In Freiburg will der Gemeinderat Ende November über einen derartigen BürgerInnen-Antrag abstimmen. Und in weiteren Städten werden Anträge vorbereitet. Marcus Termeer
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