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Neustart fördern

■ Der Integrationshilfen e.V. stellte gestern seine Arbeit für Haftentlassene vor

Einmal Knacki, immer Knacki? Wenn straffällig gewordene Menschen aus der Haft entlassen werden, stehen sie in den allermeisten Fällen vor dem sozialen Nichts. Sie haben weder Arbeit noch Wohnung, und beides bedingt sich gegenseitig. Dazu kommt in der Regel ein enormer Schuldenberg, den abzutragen die Haftentlassenen nicht in der Lage sind. Startbedingungen, die eine straflose Zukunft nicht gerade fördern und alleine fast nicht zu meistern sind. Seit 1986 versucht Intergrationshilfen e.V. dabei zu helfen. Gestern hat der Verein zum Open House geladen und seine Arbeit vorgestellt.

Diese ist auf drei Projekte verteilt: „Sprungbrett“ unterstützt Inhaftierte und Haftentlassene bei der Arbeitsplatzsuche und beruflicher Qualifikation. Das Wohnprojekt „Trotzdem“ unterhält 30 möblierte Einzelzimmer in 14 Wohnungen, in denen Ex-Knackis wohnen können und betreut und beraten werden. Gemeinsam mit dem Caritasverband wird im Hamburger Osten noch eine soziale Beratungsstelle für Wohnungslose entstehen. Auch hier ist das Ziel eine Teilnahme am gesellschaftlichen Leben wieder möglich zu machen.

Der justiz- und innenpolitische Sprecher der GAL-Fraktion, Manfred Mahr, begrüßte die Arbeit des Vereins und unterstrich die Notwendigkeit eines tauglichen Resozialisierungskonzeptes. Er machte deutlich, „Es handelt sich dabei auf Staatsseite nicht um eine Good-Will-Entscheidungt, sondern um eine Pflicht“, stellte er klar und verwies auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Sommer vergangenen Jahres: Mehrere Inhaftierte hatten gegen die Entlohnung im Strafvollzug geklagt, die sich auf cirka 10 Mark pro Tag beläuft. Das Gericht habe nicht nur die geringen Bezüge für verfassungswidrig erklärt, sondern auch deutlich gemacht, dass das Resozialisierungsgebot den Gesetzgeber verpflichte, wirksame Maßnahmen zu ergreifen. „Dazu gehören auch Ansätze von Hilfe zur Selbsthilfe nach der Entlassung voranzutreiben“, erklärte Manfred Mahr.

Genau das ist die Arbeit von „Integrationshilfen“, die dringend auf private Spenden angewiesen ist, weil die öffentlichen Zuwendungen von Stadt und Bund rückläufig sind und die Kosten so nicht mehr gedeckt werden können.

Tina Petersen

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