■ Rundfunkstreik: Spruchband & Dudel
Paris (taz) – Seit Dienstag herrscht Funkstille in Frankreichs Äther. Man streikt. Auf den staatlichen Radios dudelt nur Musik, die TV-Sender bringen Programme aus der Konserve, statt aktueller News und Talk-Shows. Und das deutsch-französische Arte-Programm läßt regelmäßig ein Spruchband mit Infos zum Arbeitskonflikt über den Bildschirm laufen.
Hintergrund des Streiks bei den Öffentlich-Rechtlichen, den sämtliche großen Gewerkschaften und Berufsgruppen beschlossen haben, sind die Bedingungen bei der Einführung der 35-Stunden-Woche. Zum 1. Januar 2000 ist sie, so hat es die rot-rosa-grüne Regierung gewollt, gesetzliche Pflicht. Mehrere private Stationen, u.a. der Pay-TV-Sender „Canal Plus“, haben sie längst eingeführt und dafür beträchtliche staatliche Mittel kassiert.
Doch bei den Dutzenden von öffentlich-rechtlichen Stationen zeigt sich der Staat geiziger. Sie sollen zwar die Arbeitszeit reduzieren und mehr Personal einstellen – doch ihre Etats aus der Staatskasse werden dazu nicht entsprechend aufgestockt. Zu einem großen Teil sollen sie die Arbeitszeitverkürzung aus Eigenmitteln finanzieren.
Bereits am 25. Oktober zogen die Gewerkschaften in einem Brief an die zuständigen MinisterInnen Aubry (Arbeit), Trautmann (Kultur) und Strauss-Kahn (damals Finanzen) – die Alarmglocke: „Hauptziel bei der Einführung der 35-Stunden-Woche ist die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Verbesserung der Arbeitsbedigungen“, erinnern sie und warnten, bei der Arbeitszeitverkürzung „nebenbei“ die Tarifverträge über den Haufen zu werfen. Genau das aber geschieht: Schon wollen Sendeleitungen u. a. die Zuschläge für Sonntagsarbeit streichen und das Lohnniveau weiterhin einfrieren.
Am Dienstag befanden sich die knapp 4.000 Festangestellten des größten staatlichen Senders „Radio France“ sowie 85 Prozent der JournalistInnen komplett im Ausstand. Bei dem TV-Sender „France-2“ führten Verhandlungen am Mittwoch zu einer Einigung. Bei den anderen Sendern standen feste Zusagen gestern noch aus. Dorothea Hahn
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