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Querspalte

■ Text ohne ta*

Ich finde die Wettkampagne gut. Andererseits ist es schade, dass das journalistische Experiment – ein Blatt ohne drei Buchstaben – als Drohung gebraucht wird und die solidarischen NeuleserInnen damit belohnt werden, dass fast alles so bleibt, wie es ist. Der Infinitiv ist das Hauptopfer des heute fehlenden Buchstabens, der nun allein im Novembernebel vor unserem Pressehaus herumsteht. Das t und das a wollen ihm Gesellschaft leisten. Deshalb und als Bonus nun der Rest der Querspalte ohne die glorreichen drei. (Diese Einleitung enthielt übrigens 35 t und 30 a.)

Die „Ossis“ fühlen sich wohl, verkünden die Medien unisono. Beweis: Während früher 400.000 jährlich gen Kiel, München oder Nürnberg gingen, wechseln nun nur noch 187.000. Nur noch! Nun muss ich doch kichern! Ungefähr 20 % der Bevölkerung verließen ihre heimischen Gefilde in Folge der Wende, und die gewissenlosen Schergen der bürgerlichen Presse verkünden, die Dinge seien besser geworden! Wenn sie so bleiben, wird es 2030 möglicherweise nur noch drei, vier Bewohner im ulkigen Reich der Verschiedenen geben! Gysi, Bohley und Biedenkopf beispielsweise. Die Gründe, weswegen die Menschen weggehen, sind simpel: In der Gegend der Ossis sind die Jobs weg – keine Spur von blühenden Gegenden –, nur Verwirrung und Schnäpschen („Burgkrone“) schon morgens.

In neuen Gefilden erhoffen sich die Ossis mehr Lohn und bessere Vergnügungen. Doch finden sie nur deprimierende Ödnis im peinlichen Blumenschmuck unmenschlicher Reihenhäuser plus Video und PC-Spielen. Sehr unschön!

Ich würde denken, Veränderung muss her. Häppchenweise solle nun der/die Ossi schicke Wessi-Freuden genießen. Neue Lose vom freundlichen Kiosk müssen her, so eine Freundin. Ich finde es ebenso: Ernähre dich redlich, bleib hier und „Rubbel dich ins Glück“. Detlef Kuhlbrodt

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