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Soldaten dürfen auch Nein sagen

■  Gericht sprach Wolfgang Kaleck vom Vorwurf des Fahnenflucht-Aufrufs frei. Während des Kosovo-Krieges hatte der Anwalt einen entsprechenden Appell in der ta* unterschrieben

Berlin (ta*) – Am Ende der dreistündigen Verhandlung beim Amtsgericht Berlin-Tiergarten stand ein doppeltes Urteil. Einmal der Freispruch des Angeklagten Wolfgang Kaleck vom Vorwurf, er habe strafbare Handlungen anstiften wollen. Der als Strafverteidiger in Wehrdienstverfahren bekannt gewordene Rechtsanwalt Kaleck hatte gemeinsam mit 28 weiteren Personen einen Aufruf in der ta* vom 21. April erstunterschrieben. Der Aufruf forderte am Kosovo-Krieg beteiligte Bundeswehrsoldaten auf, sie sollten den Befehl verweigern und sich von der Truppe entfernen. Dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die darin einen Fahnenflucht-Aufruf sah, wollte das Gericht nicht folgen.

Darüber hinaus beurteilte es der Richter als „bedauerlich“, dass seine Behörde „wegen einer Nichtigkeit“ – die Staatsanwältin forderte eine Geldstrafe von 4.500 Mark – mit „Unmengen von Material und Stundenaufwand“ belastet worden war. Die politische Erörterung indes sprenge den Rahmen eines Amtsgerichts.

Denn geklärt werden musste gestern vor allem, ob der nach den Worten des Richters als „völkerrechtswidrig“ geltende Nato-Angriff aus einer Befehlsverweigerung einen Straftatbestand macht. Das Gegenteil war der Fall: „Ist die Intervention insgesamt unrechtmäßig“, argumentierte der Richter, „gilt das auch für jeden Befehl.“ Und den, führte er weiter aus, „muss“ der Soldat sogar verweigern.

Das Urteil, das mit Applaus von vollen Beobachterbänken aus quittiert wurde, könnte Signalwirkung haben. Denn knapp 100 weitere Verfahren gegen Unterschreiber des Aufrufs sind am Amtsgericht anhängig oder in Vorbereitung. Die Staatsanwaltschaft kündigte denn auch bereits gestern Rechtsmittel gegen das Urteil an sowie eine Fortführung der einfachen Verfahren vor dem Amtsgericht in den kommenden Wochen: Eine Sammelklage kommt ebensowenig in Betracht wie eine Verhandlung vor einer großen Strafkammer“, sagte die Staatsanwältin. Im Vorfeld der Kaleck-Verhandlung gab es hier bereits einen Freispruch, in einem anderen Fall wurde einen Geldstrafe von 4.000 Mark verhängt.

Kaleck, gegen den die Berliner Staatsanwaltschaft auch wegen „weiterer Verbreitung des Aufrufs“ per Post ermittelt, forderte diese auf, sie solle „nachdenken“. Der Nato-Angriff müsse als Straftat verurteilt und die Verantwortlichen auf die Anklagebank gebracht werden, so Kaleck gegenüber der ta*. Christoph Rasch

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