Kommentar: Geld stinkt doch
■ Koalition kauft sich Alibi-Opposition
Die Bremerhavener Entscheidung für einen Fraktionsstatus sowohl für die Grünen als auch für die DVU nutzt vordergründig erstmal allen: Die gigantische Koalition aus SPD und CDU kann mit ihrer Sieben-Achtel-Mehrheit durchstimmen, was sie will. Gleichzeitig können sich die beiden Großen rühmen, das zarte Pflänzchen Opposition nach bestem demokratischen Gewissen gehegt zu haben. Wenn die Grünen dennoch überarbeitet resignieren, können die Großkoalitionäre argumentieren, mehr Opposition habe der Wähler nicht zugelassen.
Und die Grünen selbst haben auch erstmal nur Vorteile: Sie können mit den frischhinzugewonnen finanziellen Ressourcen einer Fraktion bessere Parlamentsarbeit leisten als ohne. An Glaubwürdigkeit indes haben sie durch die opportunistische Aufwertung der DVU verloren. Sie wäre mit einem finanziellen Kraftakt der Landespartei vermeidbar gewesen. Aber nach zwanzig Jahren scheint der Partei die Fähigkeit zur Improvisation abhanden gekommen zu sein.
Der wahre Gewinner der Nachwahl-Manipulationen ist deshalb die DVU. Für sie ist es ein Schritt in die parlamentarische Normalität, dass ihre Ausgrenzung den anderen Parteien weniger wert war als der schöne Schein einer funktionierenden Opposition – und das geschah langfristig zum Schaden der Demokratie. Jan Kahlcke
siehe Bericht unten
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