: Im Spiegel der Medienberatung
■ Wenn in Filmen das Telefon klingelt, geht fast immer jemand ran: Die TU-Vortragsreihe „Gestörte Kommunikation“ im Eiszeit
Aus der Reihe „Was macht eigentlich ein . . .?“. Heute: „Der Medienberater“. Wie man weiß, muss der in allen Medien gut zu Fuß sein. Das ist nicht immer der Fall, weswegen angehende Medienberater der TU unter der Überschrift „Gestörte Kommunikation“ im Eiszeit-Kino eine vierteilige Veranstaltungsreihe mit „interessanten Referenten“ (Pressemitteilung) ins Leben gerufen haben.
Zum Beispiel zum Thema „Das Telefon im Spiegel der Medien“. Ganz hinten im Kinosaal pennt schon ein Student, bevor es überhaupt losgeht. Dann erklärt ein Dozent das „Dreistufenmodell“ des Telefons in der Musik.
Erste Stufe: Telefon im Text, Songbeispiel „Le-Le-Le-Linda, ich ruf dich an“. Zweite Stufe: Integration der Telefonsignale, Songbeispiel „Hanging on the telephone“ von Blondie, das mit Telefongeräuschen losgeht. Dritte Stufe: die „Erweiterte Synthese“, das Telefon als integrierter lyrischer Erzählfaktor, Songbeispiel „Sabine, Sabine, Sabine“ von Trio. Dort versucht Stefan Remmler per Telefon, die arme Sabine zu überreden, nett zu ihm zu sein. Der Dozent hat Musikausschnitte zur Anschauung, die Beobachtungen sind so simpel wie nichtssagend. Dann kündigt eine weitere Dozentin einen selbst geschnittenen Kurzfilm an: „Bei Anruf Film“. Der ist, was sonst, eine Collage aus Filmszenen, in denen ein Telefon benutzt wird, extrem sinnig aufgeteilt in „Vorbereitung“ (Telefonzelle/Telefonnummer suchen, wählen), „Klingeln“ und „Verbinden“. 20 Minuten lang hetzen Stars wie Peter Sellers, Jean-Paul Belmondo, Geena Davis, Kathleen Turner oder Mia Farrow zu Telefonzellen hin oder krallen sich Apparate, wählen mit zitternden oder sicheren Fingern und raunen oder rufen „hallo?“.
Das ist amüsant, aber ebenfalls simpel und nichtssagend. Eine klitzekleine These hat eine der angehenden MedienberaterInnen aber doch noch auf Lager. Sie hätten festgestellt, dass „fast immer jemand rangeht“, wenn im Film das Telefon klingelt.
Was eventuell (!) irgendwie mit der Dramaturgie eines Films zusammenhängen könnte. Vielleicht lernt man das ja im nächsten Semester, wenn auch Handys und Analyse auf dem Studienplan stehen. Danach gibt's noch drei Kurzfilme zum Thema: „The Invisible Hand“ handelt von Telefonsex, wobei die Studentin vorher erklärt, dass Telefonieren auf „Anonymität“ und „Intimität“ basiere (Handys gab's da noch nicht).
In „The Third Stroke“ sitzen zwei Männer am Telefon und sind eine menschliche Zeitansage. Und in „The Debt“ zerstört der Anrufbeantworter mit seinen Hiobsbotschaften das Leben eines Paares und eines Vertreters. Als der leichtverdauliche Medienberater-Abend mitten im Semester zu Ende ist, wird draußen noch etwas herumgestanden und ungestört kommuniziert. Jenni Zylka
„Gestörte Kommunikation“, Teil III, 28. 11., „Prosa der Dinge – Aspekte der Gebrauchsanweisungen“ mit Clemens Schwender und Jan Faktor, Teil IV „Elfengesang und Trollgebärde“ mit Wolfgang Müller, immer 18 Uhr, Eiszeit-Kino, Zeughofstraße 20, Kreuzberg
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