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Jeder rettet, was er retten kann

■ Das Baumaterial bleibt erst mal da: Auf Holzmann-Baustellen wie dem Kölner Wallraf-Richartz-Museum herrscht grimmiges Schweigen

Der Mann vom Sicherheitsdienst hat einen lausigen Job. Er muss eine Baustelle bewachen: das Kölner Wallraf-Richartz-Museum. Dafür gibt es schönere Tage. Pünktlich mit der Bekanntgabe des Scheiterns der Holzmann-Sanierungsgespräche hat Schneetreiben eingesetzt. Der Sicherheitsmann steht im Matsch. Sieben oder acht Leute seien sie zur Zeit hier, sagt er. Zehn Mitarbeiter kämen noch.

Vor wem sie die Baustelle zu schützen haben? „Wir haben den Auftrag sicherzustellen, dass niemand von der Presse die Baustelle betritt“, sagt der Zwanzigjährige und stöhnt: „Um halb sechs kam das erste Kamerateam.“ Mehr kann er nicht sagen. Denn sein Vorgesetzter kommt. „Wir geben keine Auskünfte!“, herrscht er seinen Untergebenen an. Kam der Auftrag von Holzmann? „Ja.“ Und warum dürften er und seine Mitarbeiter nichts sagen? Das sei eine Anordnung von Holzmann und der Stadt. Ist die Stadt also auch Auftraggeber? „Im Grunde genommen schon.“ Ob er denn schon einen Arbeiter von Holzmann gesehen habe? Nein, von denen sei heute keiner gekommen. Aber Malocher von anderen Firmen. „Die dürfen ihr Werkzeug holen – aber nicht mehr.“ Das Baumaterial müsse hier bleiben. Vorerst.

Auch an den Bauwagen der Subunternehmen am Rande der Baustelle gibt man sich zugeknöpft. „Wir geben keine Interviews“, erklärt missmutig ein Arbeiter. Die schlechte Laune der Arbeiter ist verständlich. Sie haben Angst um ihre Jobs. Denn viele Subunternehmen bekommen noch Geld von Holzmann – auf das können sie jedoch wahrscheinlich lange warten. Doch irgendwie wird es wohl weitergehen. Die Fertigstellung des Museums will die Stadt notfalls selber sicherstellen, heißt es aus dem Rathaus.

Doch das Wallraf-Richartz-Museum ist nicht das einzige Prestigeobjekt, das durch die Holzmann-Pleite ins Straucheln gerät. Denn da ist ja auch noch die Kölnarena – von Holzmann gebaut, von einer 100-prozentigen Konzerntochter betrieben. Mitte Oktober feierte die riesige Mehrzweckhalle ihren ersten Geburtstag. „Wir zittern, bangen und hoffen“, sagt Kölnarena-Chef Ralf Bernd Assenmacher.

Die Zukunft der Arena ist ungewiss. Der Mietvertrag mit dem Investor läuft über 20 Jahre. Rund 50 Millionen Mark muss Holzmann im Jahr für Miete und Betrieb aufbringen. „Die jährlichen Verluste liegen bei rund 15 Millionen Mark“, sagt Unternehmenssprecher Volker Siegert. Damit sei das Objekt für andere Betreiber uninteressant.

Doch wie kommt es zu einem solchen Verlustgeschäft? Wo doch die Auslastung der Halle gut und die Erlöse sogar höher als prognostiziert sind? „Wir sind betrogen worden und haben daher ja auch Anzeige erstattet“, heißt es aus der Konzernzentrale. Ein interner Prüfbericht, der die Millionenverluste vorhergesagt hatte, sei von Vorstandsmitgliedern unterdrückt worden. Pascal Beucker

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