: Kein Anlass zur Euphorie
■ Für RB-Chef steht fest: Der Sender ist bald nur noch relativ eigenständig
In Bremen (und anderswo) ist es neuerdings Pflicht, fast leere Gläser als halb voll zu bezeichnen. Mit dem Satz „Radio Bremens Zukunft ist gerettet“ überschrieben und werteten mehrere Zeitungen und Rundfunkstationen die Entscheidung der ARD-Intendanten über die Fortführung des Finanzausgleichs zwischen den Sendern. Wie gestern berichtet, soll Radio Bremen (RB) nach dem Ratschluss der Intendanten in Saarbrücken beim Einkauf von Sport- und Filmrechten um bis zu zwölf Millionen Mark jährlich entlastet werden. Trotzdem muss der Sender drastisch sparen. Deshalb möchte der seit Oktober amtierende RB-Intendant Heinz Glässgen in die Jubeltöne nicht einstimmen. Gegenüber der taz schloss er selbst Kündigungen nicht aus.
taz: Wie bewerten Sie das Ergebnis der Intendantentagung?
Heinz Glässgen: Zur Euphorie besteht kein Anlass. Zunächst haben die Ministerpräsidenten beschlossen, den Finanzausgleich bis Ende 2005 von 1,9 Prozent linear auf 1 Prozent abzuschmelzen. Das war die große Aufgabe, die wir Intendanten zu lösen hatten. Die ARD hat sich aber handlungsfähig gezeigt. Doch Radio Bremen steht vor einer außerordentlich schwierigen Situation. Ab 2006 stehen uns deutlich über 50 Millionen Mark weniger zur Verfügung. Das wird zu Zäsuren im gesamten Programmbereich, aber auch im Personalbereich führen. Bei der Konferenz der Intendanten haben wir Anstrengungen unternommen, diese Einsparungen etwas abzumildern. Radio Bremen wird beim Kauf der Rechte um etwa zehn bis zwölf Millionen Mark entlastet. Die Differenz kann sich jeder selbst ausrechnen.
Wann werden Sie konkrete Vorschläge machen, wo diese rund 40 Millionen Mark einzusparen sind?
Neben dem Sparen gibt es auch die Möglichkeit, die Einnahmen zu verbessern. Wir müssen also sehen, ob wir durch weitere Kooperationen entlastet werden können. Trotzdem werden wir eine sehr gründliche Bestandsaufnahme machen und jede Aufgabe überprüfen. Im ersten Halbjahr 2000 wird es Ergebnisse geben. Im Frühjahr werde ich Handlungsoptionen vorstellen. Erst dann können wir mit anderen Anstalten wie dem NDR über Ko-operationen verhandeln. Klar ist nur: Radio Bremen wird in einer relativen Eigenständigkeit weiter bestehen.
Ihr saarländischer Kollege Fritz Raff hat gesagt, dass betriebsbedingte Kündigungen durch den Intendanten-Kompromiss verhindert würden. Schließen Sie betriebsbedingte Kündigungen auch aus?
Aber Fritz Raff ist möglicherweise in einer besseren Situation als Radio Bremen. Ich würde gerne auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten, aber ich kann sie erst ausschließen, wenn alle anderen Maßnahmen vorher greifen.
Gibt es außer der Entlastung bei den Film- und Sportrechten noch andere Geldzusagen der großen Anstalten? Zum Beispiel bei der Unterstützung bei Vorruhestandsregelungen?
Ich habe das mit den Kollegen besprochen, ohne konkrete Zusagen zu erhalten. Es gibt darüber hinaus noch andere Möglichkeiten, über die wir reden werden – etwa bei der gemeinsamen Produktion von Programmen.
Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Wenn Sie all das vor sechs Monaten gewusst hätten, wären Sie dann dem Lockruf nach Bremen gefolgt?
Die Situation in Bremen ist nicht überraschend. Ich habe das durchaus gewusst und wundere mich ein bisschen über diejenigen, die jetzt erschrocken sind. Denn das mit dem Finanzausgleich war auch klar. Trotzdem ist es etwas anderes, wenn diese Situation tatsächlich eintritt. Und die ist äußerst schwierig.
Fragen: Christoph Köster
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