Kommentar: Lokal handeln
■ Nicht aus der Verantwortung stehlen
Wenn es um die Geißelung nationalsozialistischen Unrechts geht und ging, ließ sich das Land Bremen eigentlich nicht lumpen. Nicht nur auf moralische Appelle beschränkte sich die Anteilnahme am Schicksal der NS-Opfer. Für den Besuch der ehemaligen ukrainischen Zwangsarbeiter stellte das Land jüngst ohne großes Aufheben 25.000 Mark zur Verfügung. Einige wenige Bremer Firmen zogen mit. Auch die wissenschaftliche Aufarbeitung der NS-Diktatur ist – im Vergleich zu anderen Kommunen – in Bremen gut gelungen.
Die internationale Debatte um die Entschädigung der Zwangsarbeiter aber zeigt, dass jetzt weitere Taten gefordert sind – auf lokaler Ebene. Auf die Spendenbereitschaft der großen Industriefirmen zu warten, heißt, die Verpflichtung zur Entschädigung an die dicken Fische zu delegieren. Doch gerade lokale Firmen, Institutionen und Privatmenschen haben von Zwangsarbeitern profitiert. Aus der Verantwortung sollte man sie nicht entlassen.
Einige Firmen haben diese Verantwortung längst übernommen. Andere nicht. Einige Firmen wären in der Lage, Entschädigung zu zahlen. Andere täten sich schwerer. Einige Firmen behandelten ihre Arbeiter in Kriegszeiten gut. Andere nicht. Für alle aber gilt: Das gute Gewissen muss ihnen Geld wert sein. Und auch in der Entschädigungsfrage könnte gelten: Global denken. Lokal handeln.
Christoph Dowe
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