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Lokale Firmen sollen Beitrag leisten

■ Die Unternehmen, die im Zweiten Weltkrieg von Zwangsarbeitern profitierten, sollen in den Entschädigungsfonds einzahlen, fordern die Grünen und präsentieren eine Liste der Nutznießer

Für den Bürgerschaftsabgeordneten Hermann Kuhn (Grüne) ist es an der Zeit, öffentlich die Namen der Firmen zu nennen: Trotz jahrelanger „quälender“ Diskussion habe sich bislang kein Bremer Unternehmen bereit erklärt, in den bundesweiten Entschädigungsfonds für ehemalige Zwangsarbeiter einzuzahlen. Und das, obwohl allein in der Hansestadt mindestens 70.000 Zwangsarbeiter bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges ausgebeutet wurden: In Rüstungsschmieden, mittelständischen Handwerksbetrieben, auf Bauernhöfen oder in Privathaushalten.

Namen nennen – das ist in Bremen tatsächlich möglich (siehe Dokumentation unten). Die Gestapo erstellte im Juni 1944 eine Liste mit einem Teil der größeren Zwangsarbeiter–Arbeitgeber. Bis heute lagert die zehnseitige Liste unter dem Aktenzeichen 7,1066-372 im Staatsarchiv. Weitere Listen harren ihrer Auswertung.

Das von der Gestapo als „geheim“ eingestufte Papier ist ein Evakuierungsplan für rund 20.000 Menschen. Die Alliierten waren am 6. Juni 1944 in der Normandie gelandet. Die deutsche Heeresleitung fürchtete, dass auch über die Nordsee ein Angriff erfolgen könnte. Um die Bremer Zwangsarbeiter im Notfall nicht den Alliierten als Verstärkung zu hinterlassen, wurde der Abtransport ins Hinterland geplant. Neben den Firmennamen und der Anzahl der Zwangsarbeiter ist jeweils ein „Sammellager“ angegeben, in dem die Menschen bei „Alarmstufe II“ zusammengetrieben werden sollten: In Oyten, Achim, Syke, Ritterhude oder anderswo. Auch die Anzahl der Bewacher für den Fall einer Evakuierung ist angegeben.

Im Staatsarchiv ist die Liste seit Mitte der 80er Jahre bekannt. 1986 hatten die Grünen in einer ersten Bürgerschafts-Anfrage nach dem Einsatz von Zwangsarbeitern in Bremen gefragt. Bei den Recherchen wurde die Firmen-Liste entdeckt. Die noch existenten Unternehmen wurden angeschrieben und um weitere Unterlagen gebeten. Doch in den meisten Fällen waren die Akten verloren oder zerstört.

Auch heute besteht ein Teil der Firmen weiter. Ob man sich vorstellen könne, einen finanziellen Beitrag als Entschädigung zu leis-ten? Die Reaktionen sind unterschiedlich. Die BSAG etwa oder die Firma Gleistein verweisen darauf, dass einigen ehemaligen Arbeitern in Einzelfällen in der Vergangenheit geholfen wurde, mit dem Thema durchaus offen umgegangen wurde. Bei Beck & Co. will man sich noch vor Jahresende zu dem Thema äußern. Doch andere, wie der Hafenbetriebsverein, wissen auf Anhieb erst einmal gar nichts davon, als ehemaliger Arbeitgeber von Zwangsarbeitern aufgeführt zu werden. Bei der Bremer Woll-Kämmerei dagegen sagt man, man habe sich „nicht viel vorzuwerfen“, da es den Arbeitern vergleichsweise gut gegangen sei.

Die ersten „Fremdarbeiter“ aus Frankreich etwa kamen noch freiwillig – doch dass in Bremen viel bebombt wurde, sprach sich bis in die Heimat herum. Dann wurde eben zwangsrekrutiert. Allen Betroffenen gemein scheint, dass die Bezahlung auf dem Papier nicht ausgezahlt wurde: In größeren Lagern wurde „Lagergeld“ für den Einkauf im werkseigenen Geschäft ausgezahlt, in anderen Fällen Unterkunft und Verpflegung mit dem Lohn verrechnet.

Immerhin fünf Bremer Firmen haben bereits in einen humanitären Hilfsfonds eingezahlt: Jeweils 5.000 Mark spendeten Beck's, swb, BSAG, Stahlwerke und DaimlerChrysler in einen Fonds. Mit den Mitteln, aufgestockt durch das Land Bremen, wurde der Besuch ukrainischer Zwangsarbeiter finanziert. Doch gemessen an den Summen, die bundesweit diskutiert werden, war das nur ein Tropfen auf den heißen Stein. „Es ist unmoralisch und inakzeptabel, wie die Mehrheit der betroffenen Firmen und Organisationen versucht, sich um eine finanzielle Beteiligung am bundesweiten Entschädigungsfonds zu drücken“, findet nun Hermann Kuhn. Und auch der Leiter des Staatsarchivs, Hartmut Müller, sagt dass Bremen eine Beteiligung „gut zu Gesicht stünde“.

Der Bremer Senat berichtete auf eine erneute Anfrage der Grünen letzten Herbst, dass die Entschädigung für Zwangsarbeiter als „Aufgabe des Bundes“ angesehen werde. Allerdings bemängelte der Senat, dass sich die profitierenden Firmen „wenn überhaupt“ nur mit sehr geringen Entschädigungszahlen beteiligt hätten. Deshalb halte man es für wünschenswert, dass die Firmen in die angekündigte Bundesstiftung mit einbezahlen. Bremen selbst könne den gelegentlichen Bitten um humanitäre Hilfe wegen der Kassen-Notlage nur nachkommen, wenn Spenden eingeworben würden. Dies aber sei „in der Vergangenheit nur in sehr begrenztem und daher unzureichendem Maße“ möglich gewesen.

Christoph Dowe/not

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