: 100 Jahre Barça: Das war Wahnsinn!
■ Am Anfang stand ein Schweizer Buchhalter, der in Katalanien nur Fußball spielen wollte – nach einem Jahrhundert ist daraus der weltweit größte und meistbejubelte Verein geworden
Barcelona (dpa) – Im Oktober 1899 stand eine schlichte Kleinanzeige in der Zeitschrift Los Deportes: „Senor Hans Kamper möchte Fußballspiele organisieren. Interessenten werden gebeten, sich in der Redaktion zu melden“, hieß es dort. Daraus wurde der größte Fußballclub der Welt. Der FC Barcelona, der heute über 100.000 Mitglieder und 1.200 Fanclubs zählt, feiert am Montag sein 100-jähriges Bestehen. Das prominenteste Mitglied ist jenes mit der Clubkarte Nummer 108.000: Papst Johannes Paul II.
Der FC Barcelona („mes que un club“) ist das wichtigste Aushängeschild der Region im Nordosten Spaniens. Doch der Verein wurde nicht von einem Katalanen gegründet, sondern von einem Schweizer. Buchhalter Kamper aus Winterthur, der seinen Namen später zu Joan Gamper katalanisierte, schuf den FC Barcelona, weil er als Ausländer bei anderen Vereinen nicht unterkam. Die Spieler, die vor 100 Jahren in der ersten Elf gekickt hatten, waren fast alle Zugereiste, überwiegend Engländer.
Gamper wurde 1925 vom Militärregime des Generals Miguel Primo de Rivera als Clubchef abgesetzt. Fünf Jahre später nahm er sich das Leben. Einer seiner Nachfolger, der Abgeordnete Josep Sunyol, wurde 1936 im Bürgerkrieg von Truppen des späteren Diktators Franciso Franco standrechtlich erschossen. Das Team ging ins Exil nach Mexiko. Die Zahl der Mitglieder sank zu Beginn des Franco-Regimes auf 2.500, der Club stand vor dem Aus.
Zwei Vorfälle aus der Zeit der Diktatur (1939 – 1975) sind unvergessen. 1943 drangen Polizisten vor einem Spiel Barças bei Real Madrid in die Kabine ein und gaben den Katalanen zu verstehen, dass ein Sieg über Real für sie gefährlich wäre; Barcelona verlor 1:11. Im Jahr 1953 verpflichteten die Blau-Roten den Weltstar Alfredo di Stefano. Die Franco-Regierung erklärte dies für ungültig; di Stefano ging zu Real. Viele Barça-Fans identifizieren den Erzrivalen bis heute mit Franco und dem Madrider Zentralismus. Kurzum: Sie hassen die „Königlichen“ von Real.
Zu den legendären Teams, die der Club hervorbrachte, gehörte in den 50er-Jahren das Barça de les Cinc Copes (Barca der fünf Pokale) mit Ramallets, Segarra und Kubala, die Meisterelf von 1974 mit Cruyff, Rexach, Asensi und Sotil oder das Dream Team Anfang der 90er-Jahre mit Koeman, Guardiola, Laudrup, Stoitschkow und Romario. Das blau-rote Barça-Trikot trugen zudem Weltstars wie Bernd Schuster, Maradona oder Ronaldo.
In den 90er-Jahren legte Barça den Ruf des „ewigen Zweiten“ (hinter Real) ab. Präsident Josep Lluis Nunez, vom katalanischen Establishment als „Neureicher“ und Mitglied der rechtsgerichteten Volksallianz (AP) lange Zeit verschmäht, kann eine beachtliche Bilanz vorweisen: Der FC Barcelona gewann in dieser Dekade sechsmal die spanische Meisterschaft, zweimal den Pokal und zwei Europacups. In den vergangenen elf Jahren beschäftigte der Club nur drei Trainer: Johan Cruyff, Bobby Robson und Louis van Gaal. Er leistet sich als einer der wenigen Profivereine in Europa den Luxus, auf Trikotwerbung zu verzichten. Barça plant auch nicht den Gang an die Börse. Der Club bleibt im Besitz der Mitglieder.
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