: Tschador-Fälscher: ein Missverständnis
■ Nach angeblichem Versehen ist niemand mehr verantwortlich
Rückzug in der Schleier-Affäre: Die Ausländerbehörde bietet Dschamileh B. an, ihre manipulierten Fotos im Beisein ihres Anwalts zu vernichten. Die Behörde hatte Passfotos der Iranerin per digitaler Bildbearbeitung mit einem Kopftuch versehen, um ihre Abschiebung in den Iran zu ermöglichen (die taz berichtete).
Der Betroffenen will Stadtamtsleiter Hans-Jörg Wilkens die Bilder dagegen nicht aushändigen. Allerdings garantiert Wilkens, dass die Bilder nicht verwendet werden. Die behördliche Fotomontage, so Wilkens, gehe auf ein „bedauerliches Missverständnis“ zurück. Zwar habe es „die Idee“ gegeben, die Bilder zu bearbeiten. Beamten der Behörde hätten dies jedoch irrtümlich als Anweisung aufgefasst. Von disziplinarischen Konsequenzen will der Stadtamtsleiter daher absehen.
In Zukunft sollen nicht wieder Fotos manipuliert werden, um den Anforderungen islamischer Heimatstaaten Genüge zu tun. Stattdessen will Wilken auf die iranischen Behörden einwirken, damit sie in Zukunft auch unverschleierten Frauen Reisepapiere ausstellen.
Für die Ausländerbeauftragte Dagmar Lill (SPD) ist das keine Lösung: Im Iran wären unverschleierte Frauen schon bei der Einreise schweren Drangsalierungen bis hin zu Folter ausgesetzt. Auch wenn diese geschlechtsspezifische Verfolgung nicht systematisch vom Staat betrieben werde, sei sie an der Tagesordnung und damit ein schwerwiegendes Abschiebungshindernis. „Gerade vor diesem Hintergrund ist das Vorgehen der Ausländerbehörde unglaublich. Es ist symptomatisch für Einstellungsmuster, die in der Behörde leider immer noch vorhanden sind“, sagte Lill. Sie forderte eine genaue Untersuchung und gegebenenfalls disziplinarische Konsequenzen.
Dschamileh B. und der Internationale Menschenrechtsverein wollen indessen gegen die Ausländerbehörde Anzeige wegen Urkundenfälschung und Verstoß gegen das Urheberrecht erstatten. not
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