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Wirtschaft erholt sich langsam

■ Jahresbericht 1994 wurde vorgestellt / Wirtschaftssenator Norbert Meisner lobt sein Baby, die Bankgesellschaft Berlin

Wirtschaftssenator Norbert Meisner ist ein eher spröder Mensch. Bei der Präsentation des ansonsten knochentrockenen Wirtschaftsberichts 94 schmolz er gestern aber geradezu vor väterlicher Rührung dahin, als er auf die Bankgesellschaft Berlin zu sprechen kam. „Das ist mein Baby“, kommentierte er die Anfang letzten Jahres vollzogene Fusion dreier Kreditinstitute zu einer der größten Holdings dieser Republik. Dabei soll es nicht bleiben. Langfristig, so blickte der Sozialdemokrat, peile man eine „strategische Zusammenarbeit“ mit der Norddeutschen Landesbank an: „Das soll einmal ein Konzern werden.“

Kurz war der Lichtblick in Meisners Jahresbilanz. Denn ansonsten war vom Berliner Wirtschaftsraum kaum Positives zu vermelden. Nur zaghaft zeigen sich – weniger allerdings auf dem Arbeitsmarkt – erste Anzeichen langsamer Erholung. Im vergangenen Jahr konnte die rückläufige Entwicklung im Westberliner Raum – vor allem im Maschinenbau und der Elektroindustrie – nur durch das Wachstum im Ostteil der Stadt kompensiert werden. Das Brutto-Inlandsprodukt, das noch 1993 in der gesamten Stadt um 0,7 Prozent gefallen war, kletterte so 1994 um immerhin bescheidene 0,6 Prozent.

Mittlerweile, so glaubt Meisners Verwaltung, ist die Westberliner Wirtschaft aus dem Tief heraus. Im kommenden Jahr könne mit einem Wachstum von rund einem Prozent und im Ostteil sogar mit bis zu acht Prozent gerechnet werden.

Besonders stark von der Krise betroffen ist nach wie vor das verarbeitende Gewerbe Westberlins. Obwohl es nicht mehr die dramatischen Einbrüche von 1993 gab, sank dennoch die Zahl der Beschäftigten im vergangenen Jahr um 11 Prozent auf 133.400.

Falsch wäre es jedoch, so betonte Meisner, aus dem Zahlenwerk eine Besserstellung Ostberlins herauszulesen. Ernüchternd ist nämlich ein Blick auf die Arbeitslosenstatistik: Wenn Kurzarbeit, AB-Maßnahmen und Fortbildungsprogramme hinzugezählt würden, käme man statt der offiziell gemeldeten 12,6 Prozent auf eine „fiktive Arbeitslosenquote“ von 18,8 Prozent für Ostberlin.

An die Adresse Bonns mahnte Meisner daher auch eine weitere Ostförderung an. Die bislang erreichten wirtschaftlichen Ergebnisse reichten nicht aus. Beim Brutto-Inlandsprodukt hinkten die ostdeutschen Länder noch immer deutlich hinterher: Während auf jeden Erwerbstätigen in Ostberlin 47.000 Mark entfielen, seien es in Niedersachsen 80.000, in Hamburg sogar 122.000 Mark.

Markige Worte fand Meisner zu jüngsten Überlegungen aus der Finanzverwaltung zum Verkauf von weiteren 25 Prozent der landeseigenen Aktien am Energieunternehmen Bewag. Angesichts der zunehmenden „Konkurrenz der Regionen“ dürfe Berlin seinen Einfluß auf den Energieversorger nicht an Konzernzentralen in Westdeutschland abgeben. Wirtschaftspolitisch könne eine Stadt wie Berlin gerade über Strompreise eingreifen. „Wir dürfen“, so forderte Meisner, „unseren Einfluß nicht aufgeben.“ Severin Weiland

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