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Nahtloser Expressionismus für den Mann von nebenan

Das Paula Modersohn-Becker Museum interessiert sich für Paula Modersohn-Becker und Menschen, die in persönlicher oder künstlerischer Beziehung zu Paula Modersohn-Becker standen. Das ist nicht weiter schlimm, engt aber das Spektrum der in der Böttcherstra-ße zu sehenden Kunstwerke merklich ein.

Nun ist es also die Firmengruppe Ahlers, die ihre Sammlung expressionistischer Bilder neben jene der Modersohn-Becker hängen durfte. Ahlers ist ein in Herford ansässiger Hersteller von Herren-Kleidung für „den Mann in Freizeit und Beruf“, für den „ganz normalen Verbraucher“. Diese Unternehmensphilosophie führte, wie der firmeneigenen Pressemitteilung weiter zu entnehmen ist, „nahtlos (!) zu den Expressionisten, die eine neue, ausdrucksstarke Kunst für das Verständnis einer breiten Bevölkerungsschicht schaffen wollten“.

Und so hat Firmengründer Adolf Ahlers nach dem 2. Weltkrieg kräftig Expressionistisches gesammelt, 120 Werke zusammengetragen von KünstlerInnen wie Jawlensky, Kandinsky, Nolde oder Beckmann. Zweifellos eine schöne Sammlung, von der ausgewählte 70 Exponate im Museum gezeigt werden. So kann man nun zum x-ten Mal Marcsche Pferde, Mackesche Stilleben und Kandinskysche Landschaften an der Wand hängend bestaunen, die im Original noch schöner sind als im Postershop. Man lernt außerdem viel über die KünstlerInnengruppen „Brücke“ und „Blauer Reiter“, erfährt, dass Modersohn-Becker im Grunde all die späteren Entwicklungen der modernen Malerei vorweggenommen hat und kann einen Katalog erwerben, der für 38 Mark die Möglichkeit gibt, all das Gesehene ins heimische Wohnzimmer zu tragen. Falls es da nicht eh schon hängt.

zott

Bis zum 6. Februar 2000 in der Böttcherstraße zu sehen. Öffnungszeiten: Di-So 11-18 Uhr. Auskünfte unter 336 50 77

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