: Hochschulleitung liebt keine lauten Töne
■ Hochschule für Musik: Konflikt um Jazz-Profesor Norock schwelt weiter
Die Krise des Studiengangs Popularmusik an der Hochschule für Musik (HfM) „Hanns Eisler“ schwelt weiter. Auch das gestrige Gespräch zwischen Studierenden, HfM-Rektorin Annerose Schmidt und Wissenschaftsstaatssekretär Erich Thies brachte keine Lösung. Zwar akzeptierte Thies die Forderung der Studierenden nach einem hinreichenden Lehrangebot im Wintersemester, betonte aber zugleich seine „Fürsorgeverpflichtung“ gegenüber dem umstrittenen Fachgruppenleiter Kirk Nurock. Den HfM-Vorschlag, trotz des beschlossenen Zulassungsstopps für das Wintersemester eine Aufnahmeprüfung durchzuführen und so einen „Stamm von guten potentiellen Studenten“ zu schaffen, lehnte Thies ab. Eine solche „Vorratswirtschaft“ sei rechtlich ausgeschlossen. „Wir wollen den Studiengang nicht einstellen“, widersprach er aber Gerüchten und versicherte, zum Wintersemester 1996/97 würden wieder Studierende aufgenommen.
Nach Ansicht von Rektorin Schmidt hatte die Ernennung des Gastprofessors Wolfgang Schmiedt zum kommissarischen Fachgruppenleiter eine „vorsichtige Normalisierung“ auf den Weg gebracht. Daß diese wieder in Gefahr sei, liege an Thies und den Journalisten. Sie hätten „Dinge ans Licht gezogen, die dadurch erst Dimensionen bekommen“, redete sie in der Sitzung des Akademischen Senats um den heißen Brei herum. Zu den Dingen, die Schmidt gerne im dunkeln belassen hätte, gehört ein anonymer Brief, der unter anderem beim Studentenrat eingegangen war. Er enthielt einen Zeitungsartikel über die studentische Kritik am Fachgruppenleiter Kirk Nurock, den der Absender mit den handschriftlichen Bemerkungen „Abartiger Amerikaner (homosexuell, leicht debil, deutschmarkgierig)“ und „ruiniert Ausbildungslandschaft einer Hochschule! Keine weiße Jazz-Tunten-Kultur!!!“ versehen hatte. Außerdem hatte ein Lehrbeauftragter eine „Statistik“ vorgelegt, nach der die Mehrheit seiner Kollegen Nurocks Abgang wünsche.
„So etwas kann man nicht totschweigen“, empörte sich dagegen der Kulturmanagement-Professor Klaus Siebenhaar. Der Medienexperte belehrte seine überwiegend aus DDR-Zeiten übernommenen Kollegen, mit den Presseveröffentlichungen müsse man „in einer offenen Demokratie leben“. Seine Forderung nach einer ausdrücklichen Distanzierung der Uni-Leitung ignorierte die Rektorin. Auch der Vorschlag von Pressesprecherin Pamela Steiner, Nurock ein „Signal“ zu übermitteln, stieß auf taube Ohren. Dafür wäre es wohl ohnehin zu spät. Nurock, der zuvor an der Hochschule der Künste gelehrt hatte, werde ab September nicht mehr für die HfM zur Verfügung stehen, berichtete die Rektorin. Ralph Bollmann
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