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Gelbe Karte für Grundschul-Konzept

■ Das neue Konzept für die „verlässliche Grundschule“ ist nicht beschlussfähig / Fachgremium „Jugendhilfe-Ausschuss“ sieht nur offene Fragen / SPD-Vertreterin stimmt gegen Koalitionspläne

Der „Jugendhilfe-Ausschuss“ hat dem Senat am Freitag nach einer Diskussion über die „verlässliche Grundschule“ die gelbe Karte gezeigt: Mit einer Mehrheit von 8:7 Stimmen beschloss das Gremium eine Aufforderung an den Senat, ohne hinreichendes Konzept keine Beschlüsse zu fassen. Wenn im kommenden Schuljahr die „verlässliche Grundschule“ kommen solle, wird dafür an anderer Stelle gekürzt: Die staatlichen Horte, in denen Schulkinder zwischen 12 und 13 Uhr Mittagessen angeboten bekommen, werden um diese Stunde geschlossen sein. Außerdem wird die Lehrer-Ausstattung für die 14 Modelle „volle Halbtagsschule“, an denen bisher bis 13 Uhr ein pädagogisches Angebot durch Lehrer garantiert war, auf den Grundschul-Durchschnitt zusammengestrichen.

Als im Jugendhilfe-Ausschuss nachgefragt wurde, welches Personal denn an den Schulen zur Betreuung beschäftigt werden soll, war die Antwort: „qualifiziertes“. Mehr steht nicht fest. Auch nicht, was aus den Hortnerinnen werden soll, deren Stunden reduziert werden. Und welche pädagogische Abstimmung es gibt zwischen Grundschule bis 13 Uhr und Hort ab 13 Uhr. Und welchen Rahmen es gibt für das Mittagessen. Fragen über Fragen und keine Antworten. Die Senatsvorlage, so musste die Referentin des Sozialressorts mitteilen, ist auch noch nicht fertig, weil zu viele Fragen ungeklärt sind. Trotzdem soll der Senat noch im Dezember beschließen.

Das hielt der Vertreter vom Jugendring im Jugendhilfe-Ausschuss, Christoph Glode-Nowak, nicht für eine hinreichende „Befassung“ des Fach-Ausschusses mit dem Thema und beantragte, die Sache für nicht beschlussfähig zu erklären. Zweitens, so heißt es in dem Antrag, sollten die „vollen Halbtagsschulen“ erhalten bleiben. Dies war, so der Eindruck aus der Diskussion, die beinahe einhellige Meinung im Gremium.

In der Abstimmung aber gibt es acht Vertreter von SPD und CDU aus der Bürgerschaft, eine grüne und sechs Vertreter von Jugendverbänden und freien Trägern. Da die Vertreter der Koalition normalerweise nicht nach ihrer fachlichen Auffassung, sondern nach Koalitionsdisziplin abstimmen, hätte die Koalition eine Mehrheit haben müssen. Aber nicht dieses Mal: Auf der SPD-Seite saß Ursula Becker, Ausschuss-Vertreterin und, wie sie selbst gegenüber der taz entschuldigend sagte, „nicht mehr so drin“ in der Koalitions-Räson. Sie stimmte also so ab wie alle Fachvertreter und wie ihr Verstand es ihr sagte – 8:7 gegen die Koalitions-Position war das Ergebnis. „Da gab es leichte Tumulte“, berichtet Antragsteller Christian Glode-Nowak vom Jugendring. SPD-Ausschuss-Sprecher Frank Pietzrok, vor einem Jahr noch selbst Jugendverbands-Vertreter, sagte: Das Ergebnis sei ein Missverständnis. Die Abstimmung sollte wiederholt werden, um festzustellen, ob vielleicht ein nicht stimmberechtigter Gast seinen Finger gehoben hatte – wieder hoben sich 15 Finger, diesmal allerdings war Ursula Becker auf die Seite des Fraktionszwanges der SPD gekippt.

Solange abstimmen bis das Ergebnis stimmt, ginge nicht, protestierten daraufhin Fachvertreter. Nur ein Überprüfen der formalen Korrektheit derAbstimmung sei in Ordnung. Pietzrok redete noch von „Koordinationsschwierigkeiten“ bei der SPD. Aber die anderen machten nicht mit: In leichten Tumulten gingen die Ausschuss-Vertreter auseinander. K.W.

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