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Angst vor der Apokalypse

■ Wer kann, flieht aus Grosny. Doch viele alte und arme Russen bleiben zurück

Der letzte Fluchtweg aus Grosny ist eine enge Straße voller riesiger Löcher, die sich einen steilen Berghang entlangwindet. Seit dem russischen Ultimatum vom Montag an die Bevölkerung, die Stadt zu verlassen, laufen Familien in kleinen Gruppen diese Straße entlang. Nur wenige sind mit dem Auto unterwegs.

Die Flüchtlinge aus Grosny berichten von einer Stadt in Angst vor der Apokalypse, die Russlands Regierung ab Samstag versprochen hat, wenn alle noch verbliebenen Bewohner der Stadt getötet werden sollen. Die Bevölkerung Grosnys erfuhr von dem Ultimatum per Flugblatt.

Zarema kommt aus einem Dorf am Rande von Grosny, das die russischen Truppen am Wochenende nach schweren Kämpfen einnahmen. Sie erzählt, dass die Felder entlang der Straßen aus Grosny heraus mit Leichen übersät seien. „Überall, wo wir hinkamen, sahen wir viele Leichen“, berichtet sie. „Leute, die fliehen wollten, wurden aus Flugzeugen oder Hubschraubern aus der Luft beschossen.“ Ihr Ehemann und ihr ältester Sohn seien in Grosny geblieben – um zu kämpfen.

Die meisten Zurückgebliebenen sind aber keine Tschetschenen, sonden Russen, sagt die 37-jährige Taisa. Denn anders als die Tschetschenen haben die Russen von Grosny keine Großfamilien auf dem Land, bei denen sie Zuflucht suchen können. Und viele von ihnen sind alt und arm und können nicht weg. Taisa hat ihrer alten russischen Nachbarin in Grosny angeboten, sie aus der Stadt mitzunehmen. „Sie sagte, sie würde dableiben, denn sie sei zu müde zum Fliehen“, berichtet sie.

Der 31-jährige Oleg hat auf seiner Flucht im Auto eine alte Russin mitgenommen, die er am Straßenrand sitzen sah. „Ich sagte: Willst du nicht gehen, Großmutter? Sie sagte: Wie denn? Die Busse nehmen 30 Rubel pro Person, das Taxi kostet Hunderte, und ich habe kein Geld. Ich sagte: Steig ein. Ich kann dir nur versprechen, dass du auch am Leben bleibst, wenn ich am Leben bleibe. Sie kam mit.“ Maria Eismont (rtr)

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