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Wir müssen gut im Alltag sein“

■ Franz Müntefering hält seine Partei für tauglich, die Landtagswahlen zu gewinnen. Der erste Generalsekretär über die Zukunftspläne der SPD

taz: Sitzt Gerhard Schröder als frisch gewählter Vorsitzender der SPD nun endgültig fest im Sattel der Partei?

Franz Müntefering: Ja. Das hat sich in den vergangenen Wochen schon abgezeichnet. Es war gut, dass wir bei den Regionalkonferenzen aufeinander zugegangen sind. Es war aber auch sehr wichtig, dass Gerhard Schröder am ersten Tag des Parteitages deutlich gemacht hat, dass er an seiner politischen Linie des Modernisierens und des pragmatischen Regierens festhält. Aber er signalisierte den Delegierten auch, dass ihm soziale Gerechtigkeit wichtig ist.

Die Grabenkämpfe in der SPD sind vorbei, und die Partei ist nun regierungsfähig?

Das haben wir unter anderem mit diesem Parteitag bewiesen. Wir müssen uns aber auch immer wieder überprüfen. Das heißt auch, wir müssen uns einstellen auf das, was machbar ist, und nicht nur auf das Wünschenswerte.

Wie erklären Sie das schlechte Abschneiden von Rudolf Scharping, der mit nur 73 Prozent rund 20 Prozent weniger Zustimmung erhalten hat?

Die Partei hat eindeutig klar gemacht, dass Schröder der Vorsitzende ist. Außer Wolfgang Thierse haben die stellvertretendenVorsitzenden um die 75 Prozent bekommen. Was Rudolf Scharping betrifft, so weiß er, wie das mit dem Auf und Ab in der Politik ist. Er macht gute Arbeit im Ministerium und in der Partei. Das Wahlergebnis wird ihn nicht hemmen, das auch in Zukunft zu tun.

Blicken Sie den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen jetzt zuversichtlicher entgegen?

Ja, aber es gibt keinen Grund zur Euphorie oder zur Unvorsichtigkeit. Bis zu den Wahlen haben wir noch viel zu tun. Aber unsere Chancen sind deutlich gestiegen. Dieser Parteitag leistet das, was er leisten sollte: dass wir mit den Schwächen, die wir in diesem Jahr hatten, abschließen und uns jetzt mit klarem Blick nach vorne in die Zukunft orientieren.

Was muss nun weiter getan werden?

Wir müssen als Partei dafür sorgen, dass wir den Dialog fortsetzen, den wir mit der Basis und den gesellschaftlichen Gruppen begonnen haben. Und das mit aller Intensität, zum Beispiel auf Regional- und Bezirkskonferenzen. Wir müssen natürlich auch dafür sorgen – und das ist vorrangig meine Aufgabe –, dass sich die Regierung, die Partei, die Bundestagsfraktion und die Länder eng und vorausschauend abstimmen. Das ist die Voraussetzung dafür, dass wir Geschlossenheit im Handeln und klare politische Führung organisieren können.

Die SPD hat von der CDU-Affäre und der Holzmann-Sanierung kräftig profitiert. Laufen Sie nicht Gefahr, dass die eigenen Probleme zurzeit nur überdeckt werden und später, etwa nach den Landtagswahlen, um so virulenter aufbrechen?

Erst einmal freuen wir uns, dass es uns gut geht. Die Zeit müssen wir auch nutzen, um die Stimmung weiter zu verbessern und den nötigen Rückenwind zu organisieren. Das tun wir auch. Aber wir sind uns auch bewusst, dass wir nicht von Zufällen und nicht von den Schwächen der anderen leben können. Wir müssen eine eigene, gute Kontinuität in unseren Alltag bringen. Wir müssen auch gut im Alltag sein.

Wie dankbar sind Sie eigentlich Helmut Kohl?

Es ist im Interesse aller, dass Wolfgang Schäuble für Klarheit sorgt und dass dieses Kartell des Schweigens durchbrochen wird. Denn niemand kann wollen, dass die Politik insgesamt im Land diskreditiert wird. Es wird ja immer mehr unterstellt, dass die ganze Politik so ist, wie Kohl sie betrieben hat. Das stimmt aber nicht, und das darf auch nicht an den Politikern hängen bleiben. Deswegen muss da für absolute Klarheit gesorgt werden.

Interview: Karin Nink

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