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„Keine Meinung, sondern ein Verbrechen“

Konzertierte Plakataktion gegen Neonazipropaganda in Elmshorn  ■ Von Peter Müller

Nach dem Neonaziaufmarsch vom April gegen das Konzert „Rock gegen Rechts“ macht die Stadt Elmshorn jetzt mobil: Mit einer einzigartigen Plakataktion, die neben Bürgermeisterin Brigitte Fronzek (SPD) von Gewerkschaften, Unternehmen, Verbänden, Parteien, Kirchen, Schulen, Jugendverbänden und Antifa bis hin zu Lokalen und Geschäften getragen wird, sollen die BewohnerInnen der Schleswig-Holsteiner Kleinstadt für die Gefahren faschistischer Propaganda sensibilisiert werden. „Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen“, so die klare Aussage: „Keine Toleranz für Neonazis in Elmshorn und anderswo“.

Mehrere hundert Plakate werden in der kleinen Stadt an der Krückau in den nächsten Wochen auf Stellschildern oder Schaufenstern kleben und in Betrieben und Behörden aushängen. Ziel der Aktion sei es, so gestern Elmshorns IG Metall-Sprecherin Andrea Himler, dem Neofaschismus „durch Zivilcourage entgegenzutreten“. Dabei verwies die Gewerkschafterin auf „schwedische Verhältnisse“, wo in den vergangenen Monaten „ein Gewerkschafter von Neonazis vor seiner Haustür erschossen und auf einen Journalisten ein Bombenanschlag verübt wurde“. Es gehe darum, sich für ein „friedliches Nebeneinander statt rassistischer Ausgrenzung“ stark zu machen.

Auslöser der Aktion war der erste Neonaziaufmarsch seit 1945 in Elmshorn. Am 21. April dieses Jahres marschierten militante Rechtsradikale unter der Führung des „Hamburger Sturm“ – einer Nachfolgeorganisation der verbotenen „Nationalen Liste“ – durch die Stadt, um ein „Rock-gegen-Rechts“-Konzert zu stören. Eine Antifa-Demo konnte den Überfall verhindern. Seither steht der Elmshorner IG-Metall-Chef und Mitorganisator Uwe Zabel auf dem Index der rechten „Anti-Antifa“.

Auch für Bürgermeisterin Fronzek war der Neonaziaufmarsch ein „Warnsignal“. Richter, die solche „öffentlichen Auftritte“ als „Meinungsäußerung“ bewerteten, befänden sich auf einem „Irrweg“, sagte sie gestern: „Neofaschismus ist gefährlich.“ Es sei „die Aufgabe für uns alle, eine Verherrlichung der Verbrechen des Faschismus zu verhindern“.

In diesem Zusammenhang erinnerte Marianne Wilke von der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes“ (VVN) an die lange antifaschistische Tradition Elmshorns. Noch vor der deutschen Kapitulation im Mai 1945 hatte ein Aktionsbündnis aus KPD und SPD unter Leitung von Erich Arp und Arthur Geißler die SS-Verbände aus der Stadt verjagt und die Bevölkerung „zum Hissen der weißen Fahnen“ aufgerufen. Daher fand die Präsentation der Plakataktion gestern auch vor dem antifaschistischen Mahnmal „11 Tage im Mai 1945 – Die Selbstbefreiung vom Nationalsozialismus in Elmshorn“ an der Nikolai-Kirche statt.

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