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In Zagreb steht ein Machtwechsel bevor

■ Bei den Parlamentswahlen am 3. Januar wird ein Sieg der Opposition erwartet

Von einem Militärputsch redet, wie noch vor wenigen Jahren, in Kroatien niemand mehr. Der Tod von Präsident Franjo Tudjmans wird nicht zu einer Staatskrise führen. Er bietet eine große Chance für die Zukunft des Landes.

In der bisherigen Regierungspartei, der „Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft“ (HDZ), zeichnet sich eine Spaltung ab. Neben dem liberalen Flügel um dem international durchaus geschätzten Außenminister Mate Granic organisiert sich der rechte, nationalistische Flügel neu. Vor allem Politiker aus der kroatisch-geprägten Region West-Herzegowina in Bosnien-Herzegowina, die voll hinter der Kriegspolitik Tudjmans im Jahre 1993 standen, sind in diesem Flügel zu finden. Aber auch die Gewinner der „Wirtschaftsreform“, jene Leute also, die sich auf Grund von Amigoverhältnissen Staatseigentum unter den Nagel reißen konnten. Sie müssen einen Machtwechsel fürchten.

Eine dritte Gruppe von ehemals extremistischen Funktionsträgern der HDZ jedoch möchte den Zug in eine „neue Zeit“ nicht verpassen und nähert sich dem liberalen Flügel an. So erklärte der Parlamentspräsident und HDZ-Politiker, Vladimir Seks, gegenüber der taz, in Zukunft müsse das Präsidialsystem überdacht, das Parlament und die Regionen gestärkt werden. Er hat damit Forderungen der Opposition übernommen. Mit der Entscheidung, schon am 3. Januar Parlamentswahlen abzuhalten, versuchte die HDZ insgesamt den „Trauereffekt“ für die Partei nutzbar zu machen. Laut bisherigen Umfragen jedoch wird die Opposition – ein Bündnis aus sechs Parteien unter Führung der sozialdemokratischen SDP – einen überragenden Wahlsieg erreichen können, die Institute gehen von 50 bis 70 Prozent der Stimmen für dieses Bündnis aus. Die HDZ dagegen kann laut dieser Umfragen lediglich noch mit 15 bis 25 Prozent Zustimmung rechnen.

Nach dem Tode Tudjmans muss nach einer Frist von 60 Tagen zudem ein neuer Präsident gewählt werden. Die Koordinaten der kroatischen Politik werden bald radikal verändert werden. Außer dem rechten Flügel der HDZ wird keine politische Kraft mehr den Integrationsprozess in Bosnien-Herzegowina verhindern wollen.

Ein demokratisches Kroatien wird es leichter haben, sich an die EU und die Nato anzunähern. Kroatien werde als Regionalmacht eine aktive und positive Rolle im Rahmen des Stabilitätspakts spielen, hoffen internationale Diplomaten. Und dies könnte sich für Bosnien-Herzegowina, für Montenegro, für das Kosovo und nicht zuletzt für rückkehrwillige Serben positiv zu Buche schlagen.

Erich Rathfelder

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