Mut zu Martini-Gefühlen

■ Das Heidelberger Soundkollektiv De-Phazz räkelt sich entspannt zwischen Dandytum und Drum'n'Bossa - und nennt es nicht Jazz

Eine Männerstimme, die nach frühem Prince klingt und nach sehr vielen öligen Martinis in Szenebars mit Mahagonitresen, schwebt durch den Raum. „And even if it doesn't sound like jazz music / my baby will be crazy about this.“ Was hier nicht nach Jazz klingt, beschreibt die Band selbst als „Seventies-Trash-Pop“, aber in Wirklichkeit legt man bei De-Phazz doch mehr Wert auf das Aalglatte am Pop als auf dessen Trash-Faktor.

Und dafür muss man sich keineswegs schämen: Die perfekte Hintergrundmusik für ironiefreies Lounging mit einer Schachtel Gauloises. Kein Wunder, dass sich der französische Zigarettenmulti prompt als Toursponsor aufdrängte. Aufreizend-lässiges Bongo-Getrippel paart sich auf einem purpurroten Sofa mit parfümierten Keyboard-Harmonien, und natürlich sind dort auch Samples und Scratches – aber alle so samtig und geschmeidig, dass der Martini gleich noch viel sanfter die Kehle hinunterrinnt.

Nach außen hin bekennt sich das Heidelberger Sound-Kollektiv ohnehin offen zum Dandytum: Auf Fotos räkelt man sich genüßlich in weißen Anzügen auf grünem Kunstrasen und auf dem CD-Cover schlängelt sich eine Python neben einem Paar glänzender Lackschuhe. Das ist sexy und würde Baby sicherlich gefallen – auch wenn es eben nur noch an der frischpolierten Oberfäche Jazz ist. Nicht mehr als ein musikalisches Aphrodisiaka in Form von Saxophon und Trombone. Aber eben auch nicht weniger.

Während sich die Kritiker beim Debütalbum der sechsköpfigen Band noch auf den Begriff Trip-Hop geeinigt hatten, ist beim Nachfolger wohl Drum'n'Bossa das Schlagwort der Stunde. Das ist zwar rhetorisch verlockend, aber gleichzeitig auch irreführend. Denn obwohl ein gewisser Latino-Flavour besonders auf der aktuellen Single „The Mambo Craze“ nicht zu überhören ist, trennen De-Phazz doch mehrere Ozeane von dem, was sich in Euro-Trash-Land hinter dieser Terminologie versteckt. Die Vereinigung von Bossa Nova und Drum'n' Bass bei De-Phazz ist nicht erzwungen, die schlabberige Zerstückelung und Taktierung des lateinamerikanischen Rhythmus erobert vielmehr selbständig den Dancefloor. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass sich die studentenlastige Heimatstadt der Musiker auch ansonsten durch Multikulturalität auszeichnet.

Natürlich geht es De- Phazz eher darum, das Hybrid aus Pop, Soul, Cool-Jazz und 50er-Jahre- Schlager an der Oberfläche etwas nachzuwürzen, als ein neues musikalisches Terrain in seiner gesamten Breite zu erobern. Es gilt weiterhin: Hauptsache my baby will be crazy about this.

Philip Oltermann

mit Marcel: Do. 16. Dezember, 21 Uhr, Grünspan