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Wie auch noch der zweite Heizungsmonteur dran glauben musste ■ Von Susanne Fischer
Sie erinnern sich? Neulich musste ich im Büro einen Handwerker töten, weil er mich erst fünf Stunden lang hatte frieren lassen, um mich dann noch zu verspotten. Nicht mit mir, Damen und Herren! Ich besitze einen hübschen roten Wollschal, der sich wahlweise als Ziegelsteinschleuder oder als Würgknebel verwenden lässt. Klempner töte ich übrigens im Allgemeinen eher langsam. Sie haben keine Gnade verdient.
Ich weiß nicht, wie unsere Heizung zu Hause von der Sache Wind bekam, auf jeden Fall fiel sie aus, noch ehe die im Büro wieder richtig warm gelaufen war. Da musste natürlich ein Heizungsmonteur her. „Ihren Brenner können Sie ins Museum bringen“, trompetete er los, noch ehe er die Haustür richtig geöffnet hatte. Auch Standardsätze wie „Das wird Sie eine kleine Stange kosten“ brachte er mühelos über die Lippen. Eine Lehrerin hat mir mal verraten, dass sie so was in der Berufsschule im Deutschunterricht lernen, statt Gedichte auswendig und andere Nebensächlichkeiten. Daran zweifle ich nicht mehr, seit ich einmal eine Zweitrechnungsausfertigung mit dem Vermerk „Dublickat“ bekam.
Dann war eine Weile lang außer Klirrkrachen (Werkzeug) und schwerem Schnaufen (Monteur) nichts mehr zu hören. Sein gutes Gedächtnis bewies der Handwerker, indem er aus dem Grundkurs Heizungsbau den Satz „Möchte mal wissen, wer daran rumgefummelt hat“ fehlerfrei zitieren konnte, und zwar mehrfach. Mein Gewissen war rein. Heizungen fasse ich schon lange nicht mehr an, ich habe mich auf Wasserleitungen verlegt. Nach stundenlangem Getöse aus dem Untergeschoss – ich überlegte währenddessen, ob ich ein Zauberwort kenne, mit dem man das Haus vom Keller trennen kann, und danach gibt es Bratäpfel und alles wird gut – tauchte der Schrauber wieder auf. Es sei alles durchgetestet, in Ordnung, ein wunderbarer neuer Brenner, echtes Spitzenmodell („Was das wieder kostet“, reproduzierte ich mein Wissen aus dem Lehrgang „Nörgeln für Anfänger“), Wiedersehen.
Kaum eine Woche später konnte man in den Dampfwolken, die der Heißwasserhahn ausschnob, den Hitzetod suchen, falls man nicht vorher längst im Arbeitszimmer erfroren war. Diesmal rief ich gleich den Chef an. „Hat Ihnen mein Kollege ja gesagt, dass das wahrscheinlich passieren wird“, log er frech. „Der hat das geahnt, da ist was nicht in Ordnung mit dem Steuerungsmodul.“ Darauf war ich beinahe schon selbst gekommen, obwohl ich andererseits froh bin, Wörter wie „Steuerungsmodul“ nicht zu meinen näheren Bekannten rechnen zu müssen. Der Chef wollte sowieso vorbeikommen wegen der neuen Heizung im Wohnzimmer („Heizkörper“ sagte er natürlich, aber ich finde, das klingt unanständig), „da schau ich mir gleich mal eben den antiken Kram im Keller an“.
Im Wohnzimmer vermaß der Chef die alte Heizung, brummelte und rechnete, 90 zu 70, 70 zu 55, macht summa summarum, hm, 14.200 Watt. „So große Heizungen gibt’s ja gar nicht“, lachte er fröhlich, „da müssen Sie mindestens zwei nehmen!“ Grummelbrummel, DM zu Euro, mal Heizwert in der Frostperiode, mal 70 zu 55, „das macht dann“ – und ich sah das Leuchten in seinem Steuerungsmodul. Und ich tat einen Schlag mit seinem Geldbeutel.
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