: Ziel erreicht: Deutsche überflüssig
Der Osttimor-Einsatz der Bundeswehr wird bald beendet – seine Notwendigkeit „war zum Glück nicht so groß wie befürchtet“, so das Außenministerium ■ Aus Berlin Sven Hansen
Der Einsatz des deutschen Bundeswehrsanitätskontingents für Osttimor wird demnächst beendet. Die Bundesregierung plant nicht, das Mandat der im nordaustralischen Darwin stationierten rund einhundert Sanitäter zu verlängern, wenn in den ersten Wochen des neuen Jahres die multinationale Interventionstruppe Interfet von der Blauhelmtruppe Untaet abgelöst wird. Dies sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes gestern der taz. Das Mandat der Bundeswehrtruppe Medevac ist an die Interfet-Mission gekoppelt.
„Die Notwendigkeit des deutschen Einsatzes war zum Glück nicht so groß wie anfänglich befürchtet“, so der Außenamtssprecher. Der Einsatz sei aber nötig gewesen, weil für die internationale Schutztruppe am Anfang ein hohes Risiko bestanden habe. Erst in letzter Zeit habe sich in Osttimor eine Stabilisierung der Lage durchgesetzt, weshalb ein Abzug bisher nicht in Frage kam. Dieser sei ohnehin nur in Kooperation mit den Verbündeten möglich.
Der Bundestag will heute Nachmittag auf Antrag der PDS den Osttimor-Einsatz debattieren. Der PDS-Abgeordnete Carsten Hübner fordert, den Einsatz „unverzüglich zu beenden“, weil er sich als „überflüssig und unverhältnismäßig erwiesen“ habe. Bisher flog das Sanitätskontingent seit seiner Stationierung am 15. Oktober 103 Personen von Osttimor zur medizinischen Behandlung nach Australien aus. Während darunter kein einziger Notfall gewesen sei, betrügen die Kosten rund 128.000 Mark pro Person, so Hübner. Das sei eine „völlig inakzeptable Geldverschwendung“. Die PDS war von vornherein gegen den Einsatz und fühlt sich durch den Verlauf in ihrer Position bestärkt.
„Das Bundeswehrkontingent ist eine Planungsreserve für Interfet. Deshalb sollte es nicht vor dem baldigen Ende der Interfet-Mission abgezogen werden“, sagt der SPD-Abgeordnete Volker Neumann, der sich vergangene Woche in Osttimor und Darwin ein Bild von der Lage vor Ort gemacht hat. Er geht davon aus, dass der Antrag der PDS abgelehnt oder in den zuständigen Ausschuss überwiesen und dann ohnehin frühestens im Januar entschieden wird. Doch auch Neumman sagt: „Es hat sich herausgestellt, dass der Einsatz in dem Umfang nicht nötig war.“ Eine Beteiligung der Bundeswehr an der künftigen Untaet-Mission lehnt er ab, da die vorhandenen Kapazitäten ausreichten.
„Die Entwicklung in Osttimor ist insgesamt auf einem guten Weg“, sagt Neumann. Das Ausmaß der Gewalt sei geringer gewesen als von der Presse berichtet worden sei. Selbst Xanana Gusmão, der Führer der Unabhängigkeitsbewegung, gehe von „nur“ 300 bis 700 Toten aus. „Die Berichte von tausenden Toten sind offenbar falsch“, so Neumann. Heute will Ex-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), die der UN-Kommission zur Untersuchung der Menschenrechte in Osttimor angehört und am Dienstag von dort zurückkehrte, dazu eine eigene Stellungnahme abgeben.
Das Europaparlament verlieh gestern in Straßburg dem kürzlich aus indonesischer Haft entlassenen Xanana Gusmão den Sacharow-Preis für Meinungsfreiheit.
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