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Müllgebühren für die Tonne?

■ Bremerin mischt Müllgebühren auf: Richter sehen Gesetzesverstoß, weil Gebührensystem Müllvermeidung nicht fördert / Berufung möglich / Gebührensenkung eher nicht

Es gibt kaum Zweifel: Die Müllgebühren müssen geändert werden. Zwar ist die endgültige Entscheidung des Bremer Verwaltungsgerichts noch nicht gefallen – doch ließ der Vorsitzende Richter der zweiten Kammer, Bernhard Kramer, bei der gestrigen Verhandlung keinen Zweifel daran, dass im Gebührensystem Ungerechtigkeiten liegen, die zudem gegen das Gesetz verstoßen – weil sie Müllvermeidung nicht fördern.

Die Bremerin Erika J. hatte den Stein, der jetzt eine Lawine von Widersprüchen gegen Müll-Gebührenbescheide lostreten wird, ins Rollen gebracht. Sie hatte auf Aufhebung ihres 1996er und -97er Gebührenbescheides geklagt. Sie sah sich als Einzelperson im Verhältnis zum Zwei-Personen-Haushalt beispielsweise ungerecht behandelt.

Zur Begründung führte die Frau an, dass ihr jährlich 17 Müll-Abfuhren zustanden. Dies sei erstens sowieso zu viel im Verhältnis zum Bedarf. Als bekennende Müll-Trennerin habe sie ihren grauen Müllkübel nur sieben mal pro Jahr voll bekommen. Schwerer aber wog, dass im Abfuhr-Kontingent einer Einzel-Müllerin mit einer 60-Liter-Tonne nur drei Jahres-Leerungen weniger enthalten sind als bei einem zwei Personen-Haushalt mit gleicher Tonnen-Volumen.

„Wie soll das denn gehen?“ hatte die Frau schon vor der Verhandlung ganz lebensnah gefragt. Sie sei berufstätig – und somit lande der meiste Müll in der Tonne des Chefs. Vor allem aber, so der Vorwurf, förderten die Bremer Entsorgungsbetriebe (BEB) mit einer solchen Vorgabe von 17 Leerungen eher das erhöhte Müllaufkommen – statt dessen Vermeidung. Anders sei die geringe Differenz von nur drei Leerungen zu einem Zwei-Personen-Haushalt nicht zu begreifen – zumal das Gebührensystem ja auch keine Rückerstattung vom Gebühren vorsehe, wenn Leerungen nicht in Anspruch genommen wurden. Sie werde ungerechtfertigt zur Kasse gebeten. Ihr Anwalt hatte einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz in Artikel drei des Grundgesetztes geltend gemacht.

Richter Berhard Kramer kochte auf kleinerer Flamme. Man müsse möglicherweise nicht die Verfassung bemühen, wies er darauf hin, dass das Ortsgesetz – das die Gebührenordnung regelt – mit dem Landesgesetz übereinstimmen müsse. Darin jedoch sei die Pflicht für Entsorger festgeschrieben, Müllvermeidung zu fördern. Nur um solche Überprüfungen könne es vor dem Verwaltungsgericht gehen, wies er die Bemerkungen der Klägerin über ihr tatsächliches Müllaufkommen zurück. Grundsätzlich dürften Gruppierungen im Gebührensystem vorgenommen werden – sofern sie mit dem Gesetz konform seien.

Das genau ist nicht der Fall. Dies ergaben Zahlen der BEB, die die Karten auf den Tisch legen mussten. Danach stellen 55 Prozent aller Ein-Personen-Haushalte ihre graue Tonne nur elf mal im Jahr an die Straße. Nur elf Prozent machen's 17 Mal – ähnliches gilt für die zwei bis vier-Personen-Haushalte. „Keine Vermeidungsstrategie“ befand Richter Kramer.

Ganz anders die Vertreterin der BEB, Insa Nanninga. „Alles ist bei uns auf Vermeiden und Verwerten ausgerichtet.“ Ein anderes System schaffe neue Probleme, weil Müllsünder ihren Dreck überall deponierten, um Kosten zu sparen. „Sie haben mich nicht überzeugt“, wandte sie sich ans Gericht. Geringere Gebühren seien nicht zu erwarten. Vor einer möglichen Berufung müsse das Urteil gründlich geprüft werden. ede

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