: „Kein Grund zur Verunsicherung“
Patientenberaterin der Verbraucherzentrale: AOK-Versicherte brauchen nicht um Behandlungen und Medikamente zu bangen. Ärtze dürfen die AOK-Patienten nicht schlechter behandeln
Die Zukunft der Berliner AOK ist weiter bedroht. Im Haushaltsentwurf der ohnehin hochverschuldeten Krankenkasse für das Jahr 2000 klafft ein Loch von 200 Millionen Mark. Der Senat will nun den im Krankenhausplan festgelegten Bettenabbau beschleunigen, um das Klinikbudget und damit die Kosten der AOK zu senken. In der Diskussion kristallisiert sich eine schnelle Schließung des Krankenhauses Moabit, die ursprünglich erst für 2001 vorgesehen war, und die Schließung der Volhard- und Rössle-Kliniken am Charité-Standort Buch heraus. Das Oskar-Helene-Heim soll umgehend ins Zehlendorfer Behrig-Krankenhaus umziehen. Eine Schließung des Bettenhauses der Charité in Mitte dagegen scheint politisch nicht durchsetzbar. Was die unsichere Situation der AOK für die PatientInnen bedeutet, fragte die taz Sonja Gadea de Reckel, Patientenberaterin bei der Verbraucherzentrale Berlin.
taz: Muss ein AOK-Versicherter befürchten, dass ein Arzt die Behandlung ablehnt, weil die Kasse vielleicht nicht zahlt?
Sonja Gadea de Reckel: Nein, Kassenärzte dürfen eine Behandlung nicht ablehnen, das wäre rechtswidrig. Wenn so etwas vorkommt, sollte man sich bei der AOK, der Kassenärztlichen Vereinigung oder bei uns beschweren. Die AOK wird die Leistungen auch bezahlen. Wenn sie geschlossen wird, gehen die Schulden an den AOK-Bundesverband über.
Muss ein Patient akzeptieren, dass der Arzt ein Privatrezept ausstellt, obwohl er in der AOK versichert ist?
Nein, auch das ist nicht erlaubt. Aber es gibt natürlich Medikamente, die die Kassen nie übernehmen und die Patienten immer selbst bezahlen müssen. Alle anderen Medikamente müssen die Ärzte verschreiben und die Kassen bezahlen.
Kann ein AOK-Versicherter aufgrund der aktuellen Krise die Kasse wechseln?
Nein, Pflichtversicherte können die Kasse nur zu einer bestimmten Frist einmal im Jahr wechseln, die Kündigungsfrist für einen Wechsel zum 1. Januar war am 30. September. Bei freiwillig Versicherten ist der Wechsel monatlich möglich.
Und wenn der Beitragssatz angehoben wird?
Dann gibt es ein Sonderkündigungsrecht. Das ist unabhängig davon, um wie viel Prozent der Beitrag steigt.
Was passiert, wenn die Berliner AOK geschlossen wird?
Dann gibt es bestimmt ein Chaos, weil 750.000 Mitglieder nicht von heute auf morgen in andere Kassen zu integrieren sind. Die AOK-Mitglieder müssen dann Aufnahmeanträge bei einer anderen Kasse ihrer Wahl stellen. Diese Kassen dürfen die Patienten nicht ablehnen. Der AOK-Mitglieder müssen sich also nicht verunsichert fühlen. Wir glauben übrigens nicht, dass die AOK pleite machen wird.
Hat die Verbraucherzentrale viele Nachfragen zur AOK?
Wir sind selbst überrascht: Bisher gibt es absolut keine Anfragen dazu. Interview: Sabine am Orde
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen