: Beamte erringen Pyrrhussieg
Bei den Vermittlungen um das Sparpaket gibt es einen Sieger: die Beamtenschaft. Ihr Soldzuwachs wird nicht auf den Preisanstieg begrenzt – zunächst ■ Von Christian Füller
Berlin (taz) – Wenn der Sold (vulgo: der Lohn) von Beamten eingefroren werden soll, ist anscheinend das Vaterland in Gefahr. Staatskanzleichef Erwin Huber (CSU) aus Bayern schütze die 2,4 Millionen deutschen Beamten vehement davor, dass ihre Besoldung vom kommenden Jahr an auf den Preisanstieg begrenzt wird. Der Bundesrat lehnte mit den Stimmen der Union diesen rot-grünen Sparvorschlag ab.
Damit kürte die zweite Gesetzgebungskammer die Beamten zu den Siegern der Verhandlungen um das so genannte „Sparpaket“. Bei Rentnern, Sozialhilfeempfängern und Arbeitslosen wurde nicht lange gefackelt und ihr Einkommenszuwachs auf die Inflationsrate begrenzt. Rund vier Milliarden Mark bringt dieser „Sparbeitrag“ für die 30-Milliarden-Mark-Kürzungen im Haushalt 2000. Auch die Staatsdiener hätten freilich ihr Scherflein beitragen können: 350 Millionen Mark beim Bund, rund 1,4 Milliarden Mark in den Ländern hätte es im Jahr 2000 gebracht, wäre die Besoldung nach Rentnerart an den Preisanstieg gebunden worden.
Warum ist das nicht geschehen? Wo man so viel hätte sparen können? „Weil die Union ja irgendeinen Erfolg im Bundesrat vorweisen muss“, behauptet ein vorlauter Grüner. Immerhin habe seine Ministerin, Andrea Fischer, den so genannten Risikostrukturausgleich im Bundesrat durchgesetzt – ein großer Erfolg, weil auch die CDU-Länder Sachsen und Thüringen einen Teil der grünen Gesundheitsreform abgenickt hätten. Und tatsächlich war der Beamtenerfolg gestern das Thema der Union – von immerhin 64 Vorlagen, die im Bundesrat abgestimmt wurden.
„Weil eine Spaltung des öffentlichen Dienstes nicht verantwortet werden kann“, begründet indes Baden-Württembergs Regierungschef Teufel (CDU). Für die Angestellten des Öffentlichen Dienstes, oft am gleichen Schreibtisch wie die Beamten sitzend, stehen im März 2000 Tarifverhandlungen an. Da könne man die Beamten nicht vorzeitig deckeln.
„Weil die Musik für die Beamtenbesoldung erst im April 2000 spielt“, begründet ein Mitarbeiter des sächsischen Finanzministers Georg Milbradt (CDU). Dann wird Milbradt, wie er es bereits im Vermittlungsausschuss tat, wohl eine Nullrunde für Beamte fordern. Auch gestern votierte Sachsen im Bundesrat schon gegen die Beamten – und für Rot-Grün.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen