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Entschädigungseinigung ist ein „Scheinsieg“

■ Bremer Bevollmächtigter von ZwangsarbeiterInnen drängt auf schnelle Auszahlung

Die Einigung über die Entschädigung von NS-ZwangsarbeiterInnen ist nach Auffassung eines Bremer Experten ein Scheinsieg. Die Verteilung und Auszahlung der zehn Milliarden Mark beginne viel zu spät, sagte der Bevollmächtigte für über 3.000 Zwangsarbeiter, Klaus von Münchhausen der Deutschen Presse Agentur. „Bereits im Januar dieses Jahres hätte man mit der Auszahlung aus dem vorhandenen Startkapital von vier Milliarden Mark beginnen können.“

„Im ablaufenden Jahr sind nach statistischen Berechnungen rund 100.000 Antragsteller gestorben, davon etwa 10.000 Juden“, betonte Münchhausen, der jahrelang die Anliegen von ZwangsarbeiterInnen unter anderem aus den Ländern Israel, Kanada, den USA, Polen, Frankreich und den Niederlanden betreute. Dies bedeute etwa eine Milliarde Mark weniger an Entschädigung und einen entsprechenden Gewinn für die Industrie. Der Bevollmächtigte wirft den US-Anwälten vor, die Verhandlungen verzögert zu haben. „Diese Anwälte haben Pauschalsummen ausgehandelt, in denen ihr eigener Profit eingeschlossen ist.“

Die ganze Sache hätte von Deutschland und nicht von den USA aus gehandhabt werden müssen, „über die Bundesbank für Wiederaufbau und die deutschen Wiedergutmachungsämter“. „Das wäre ehrlicher, effektiver und schneller gewesen, und die deutschen Firmen würden wissen, wo das Geld hin geht“, kritisierte der Bevollmächtigte. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hätte es schneller und besser geschafft, „die Milliarden an Land zu ziehen, als die amerikanischen Anwälte“. Die deutsche Regierung und das Parlament wären aus seiner Sicht dafür kompetent genug gewesen, ist Münchhausen überzeugt. dpa

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