„Wir Russen trinken nicht“

Wladimir Schirinowski verliert Einfluss und wird zu Weihnachten Computer hacken

Mancher Wahlverlierer nahm seine Niederlage locker hin. Der russische Ultranationalist Wladimir Schirinowski, dessen „Schirinowski-Block“ am Sonntag lediglich sechs Prozent bei den russischen Parlamentswahlen errungen hatte, war am Abend schon wieder oben auf und verkündete der ganzen Welt, dass er vorhabe, Weihnachten als Hacker in westlichen Computersystemen zu verbringen. „Wir Russen trinken nicht mehr“, sagte Schirinowski in Moskau auf die Frage von Journalisten, ob er das Weihnachtsfest mit Alkohol verbringen werde.

Keineswegs, antwortete der Nationalist. Die Zeiten seien vorbei. Und er behauptete, in diesem Sinne auch für die ganze Bevölkerung seines Landes sprechen zu können: Statt mit Alkohol beschäftigten sich die Russen mit Computern, um Netze im Westen mit Viren zu überschwemmen und Geld von dort abzuziehen. „Wir haben die besten Hacker der Welt“, sagte Schirinowski. Trinken, Rauchen, Drogen und Aids seien keine Probleme in Russland, sondern im Westen.

Schirinowski, der seit 1993 in der russischen Politik beständig an Einfluss verloren hat, hat bereits mehrfach durch einen bizarren Humor auf sich aufmerksam gemacht. So begoss er vor einiger Zeit in einer Fernsehdiskussion einen Gegner mit Orangensaft. Er erklärte auch, seine Stiefel im Indischen Ozean reinigen zu wollen, sobald sich Russland bis dorthin ausgebreitet habe. Im russischen Abgeordnetenhaus, der Duma, lieferte er sich einen Faustkampf mit Gegnern aus den Reihen des Parlaments.

Seine Partei schnitt bei Wahlen stets gut ab, wenn sie auch den Zenit ihrer Macht seit einigen Jahren überschritten zu haben scheint. Bei der Duma-Wahl vom Sonntag lag sein Wählerblock nach Hochrechnungen auf Platz sechs. Letzten Angaben zufolge errangen die Nationalisten sechs Prozent der Stimmen, was wahrscheinlich 17 Parlamentsmandaten entsprechen wird. Direktmandate haben sie keine gewonnen. In der Vergangenheit hat sich der Schirinowski- Block mit den rechtsextremen Ausfällen seines politischen Führers stets als Stütze für Jelzin in dessen Konfrontationen mit den Kommunisten erwiesen.

taz/Reuters