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Und es gibt ihn doch

■ Weihnachtsmann Eichel senkt die Steuern: Von 2001 bis 2005 sollen nach den Plänen der Bundesregierung Bürger und Unternehmen stufenweise entlastet werden. Die Opposition meldet nur schwache Kritik an

Berlin (taz) – Zu einem richtigen Weihnachten gehören Schnee und ein reich gedeckter Gabentisch. Dem wollten sich auch Finanzminister Hans Eichel (SPD) und der Bundeskanzler nicht entziehen. Gerhard Schröder und sein Kassenwart spielten pünktlich zum Fest die Weihnachtsmänner. Sie präsentierten gestern Steuerentlastungen für BürgerInnen und Unternehmen, die bislang ins Reich der Träume gehörten.

In einer kombinierten Steuerreform für die Wirtschaft und den normalen Steuerzahler kündigte die rot-grüne Regierung Steuerentlastungen von 73 Milliarden Mark an. Bis zum Jahr 2005 sollen private Haushalte 54,3 Milliarden Mark weniger Steuern zahlen. Beim Mittelstand soll die fiskalische Belastung um 17 Milliarden Mark zurückgenommen werden. Und auch Großunternehmen müssen den Plänen nach künftig 1,6 Milliarden Mark weniger an die Finanzämter überweisen.

Der Geldsegen für das Land, den die Regierung durch eine Senkung der Einkommensteuertarife und eine Reform der Unternehmensbesteuerung auslöst, soll sich zeitlich gestaffelt ab dem Jahr 2001 ergießen. Ein durchschnittlich verdienendes Ehepaar mit zwei Kindern etwa soll Ende 2001 knapp 3.000 Mark mehr auf dem Konto haben. Diese Steuerersparnis wächst laut einer Prognose im Jahr 2003 auf 3.568 Mark und 2005 auf 4.052 Mark. Als Durchschnittsverdienst versteht die Regierung ein Jahresbruttoeinkommen von 60.000 Mark.

Dieser Geldsegen ist Folge einer Senkung der Einkommensteuersätze. Der Eingangssteuersatz sinkt von derzeit 23,9 Prozent auf 15 Prozent im Jahr 2005. Ab 1. Januar 2000 sind 22,9 Prozent an den Fiskus abzuführen, ab 2001 19,9 Prozent. Auch Spitzenverdiener werden entlastet. Bisher versteuern sie zu 53 Prozent, im Jahr 2005 werden es noch 45 Prozent sein – sofern die rot-grüne Koalition dann noch regiert und ihre Pläne durch den Bundesrat bringt. Ab Januar führen Großverdiener 51 Prozent ihres Einkommens als Steuern ab, 2001 werden es nur noch 48,5 Prozent sein, ab 2003 47 Prozent.

Steuerentlastungen wird es aber auch für Unternehmen geben. Ab Januar 2001 soll etwa ein verheirateter Mittelständler mit einem Jahresgewinn von 150.000 Mark mit 18.000 Mark Minderausgaben für den Fiskus profitieren. Ein Einzelunternehmer, der eine halbe Million Mark Jahresgewinn ausweist, wird sich nach den Tabellen des Finanzministeriums eine Nettoentlastung von 16.949 Mark gutschreiben können. Der Finanzminister betonte gestern, es sei ihm beim Entwerfen der Steuerreform darum gegangen, den Mittelstand besonders stark zu entlasten.

Dennoch werden auch Kapitalgesellschaften von Rot-Grün steuerlich stark begünstigt. Eine Kapitalgesellschaft, die dem Finanzamt im Jahr 2001 einen Gewinn von einer Million Mark meldet, kann mit 25.000 Mark Steuerentlastung rechnen. Behält die Gesellschaft ihren Gewinn im Unternehmen, ohne Ausschüttungen für den privaten Konsum vorzunehmen, fallen sogar 112.000 Mark weniger an Abgaben an.

Die Opposition konnte mit dem Weihnachtsgeschenk wenig anfangen. „Zu spät und zu wenig“, kommentierten die Steuerpolitiker der Union im Bundestag, Friedrich Merz und Gerda Hasselfeldt. Die Steuerentlastung, die bis 2005 in Kraft tritt, „war bereits für das Jahr 2000 fest zugesagt“, bemängelten Merz und Hasselfeldt. Aus Sicht der CDU/CSU ist es notwendig, den Spitzensteuersatz unter 40 Prozent zu drücken. Die PDS monierte, die Steuerpläne leisteten dem Rückzug ertragsstarker Unternehmen aus der Finanzierung des Gemeinwesens Vorschub.

Trotz ihrer Kritik signalisierte die CDU zugleich Kompromissbereitschaft. Eine Einigung sei vorstellbar, wenn es im parlamentarischen Verfahren Korrekturen gebe. Die Steuerreform bedarf der Zustimmung durch den Bundesrat, weil auch die Länder die vom Finanzminister des Bundes versprochenen Steuererleichterungen mittragen müssen.Christian Füller

Tagesthema Seite 3

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