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Streit um Tudjmans Nachlass

Die Parlamentswahlen hat die kroatische Regierungspartei so gut wie verloren. Jetzt tobt der Kampf, wer für die HDZ um die Präsidentschaft kandidiert ■ Aus Zagreb Erich Rathfelder

Zagreb (taz) – Noch lächelt sein Konterfei von den zahlreichen Wahlplakaten. Der im Stile eines Potentaten ein kleines Kind streichelnde und kürzlich verstorbene Ex-Präsident Franjo Tudjman soll der angeschlagenen Regierungspartei „Kroatisch-Demokratische Gemeinschaft“ (HDZ) bei den am 3. Januar stattfindenden Parlamentswahlen zu Wählerstimmen verhelfen. Ob die diese Rechnung jedoch aufgeht, ist aber mehr als fraglich.

Nach jüngsten Umfragen liegen die Oppositionsparteien weit vorne und können zusammengenommen mit bis zu 70 Prozent der Stimmen rechnen. Hinzu kommt, dass die Regierungspartei sich in der Öffentlichkeit zerstritten präsentiert. Denn schon haben die Diadochenkämpfe um die als noch wichtiger eingestufte Präsidentschaft begonnen. Wer soll bei den Präsidentschaftswahlen am 24. Januar gegen die Kandidaten der Opposition antreten? Der liberale und auch im Ausland respektierte Außenminister Mate Granić oder der aus dem Apparat kommende Rechtsanwalt Vladimir Seks?

Der HDZ fällt es schwer, sich mit einem Machtwechsel im Lande abzufinden. Ihre Führungsschicht hat viel zu verlieren. Sie hat sich nicht nur nach Meinung der Öffentlichkeit allzu ungeniert am „Volkseigentum“ bereichert, auch in der HDZ selbst mehren sich die kritischen Stimmen gegenüber vielen ihrer Repräsentanten. Der Mann des liberalen Flügels ist der, trotz des Niedergangs der Partei, populärste Politiker Kroatiens, Außenminister Mate Granić. Er ist nach Meinung der Öffentlichkeit „sauber“ geblieben.

Granić könnte es trotz des ungünstigen Trends und der wahrscheinlich schon verlorenen Parlamentswahl gelingen, bei den Präsidentschaftswahlen die Mehrheit der Stimmen auf sich zu vereinigen. Denn die Gegenkandidaten der Opposition, der Liberale Dražen Budisa oder der für die Volkspartei antretende letzte jugoslawische Präsident, Stipe Mesić, sind nicht besonders populär.

In einer Art Kohabitation könnte Granić dann mit der neuen Parlamentsmehrheit zusammenarbeiten und für die HDZ noch retten, was zu retten ist. Doch die Führungsschicht der HDZ misstraut dem aus Dubrovnik stammenden Granić. Sie hält ihn für zu kompromissbereit. Würde ein Präsident Granić sie tatsächlich schützen, würde er versuchen, gegen die Aufdeckung von Straftatbeständen vorzugehen? Wäre er nicht sogar geneigt, die sich als Staatspartei fühlende HDZ auf absehbare Zeit zu verlassen?

Das Präsidium der HDZ möchte erst am 5. Januar, nach den Parlamentswahlen, über die Kandidatur Granić’ entscheiden. Schon jetzt hat sich mit Vladimir Seks ein Mann des Apparats als Alternative präsentiert. Der aus Slawonien stammende Vizepräsident des Parlamentes gilt als ein Hardliner, hat aber in den letzten Wochen mit Blick auf die Reaktion des Auslandes auch versucht, mit liberalen Positionen in Bezug auf die Reform der Staatsinstitutionen Granić links zu überholen.

Nach dem Zögern des Präsidiums der HDZ, ihn zu unterstützen, hat Granić angedeutet, er könnte auch als Unabhängiger in den Wahlkampf gehen. Damit hat er das Präsidium unter Zugzwang gesetzt. Es muss sich nun bald entscheiden, ob sie die Popularität Granić’ nutzen will oder nicht.

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