Mineralwassertanks für den Silvester-Gau

■ Den Berliner Krankenhäusern steht eine schwere Silvesternacht bevor. Nach Expertenmeinung sind sie nicht ausreichend auf den Millenniums-Bug vorbereitet. Die Charité sieht dem Jahreswechsel aber gelassen entgegen

Das Jahr 2000 könnte in den Krankenhäusern Berlins nicht mit einer großen Silvesterparty, sondern mit bösen Überraschungen beginnen. Das befürchtet zumindest Manfred Kindler, der den Krisenstab führender deutscher Unikliniken leitet.

Insbesondere die Störung von Strom- oder Wasserversorgung, so Kindler im Interview mit der taz, wäre „ein Riesenproblem für die Krankenhäuser“. Die Notstromgeneratoren der Kliniken könnten im schlimmsten Fall „versagen oder sich wegen Überhitzung abschalten“. Hochwertiges Trinkwasser, auf das Krankenhäuser angewiesen sind, sei beim Ausfall von Kläranlagen nur noch schwer zu bekommen. Eine Berliner Klinik habe daher einen Tanklaster mit 30.000 Litern Mineralwasser für den Notfall besorgt.

In der Nacht zum 1. Januar herrsche daher „höchste Alarmstufe“. Nach Kindler kommen die derzeitigen Notfallplanungen „reichlich spät“, die meisten Krankenhäuser seien mit ihren Vorbeitungen auf das Jahr 2000 „ein Jahr im Verzug“.

Auch nach Angabe von Manfred Wolf, Projektkoordinator an der Charité, kann die Wasserqualität zum Problem werden. Im Gegensatz zum Krankenhaus Neukölln habe die Charité keine Eigenwasserversorgung. Insgesamt fühlt sich die Universitätsklinik in Mitte aber gut auf den Jahreswechsel vorbereitet. „Wir gehen Silvester relativ ruhig entgegen. Allerdings können wir keine Garantie geben“, sagt Charité-Sprecherin Kerstin Ullrich.

Für den Notfall hat die Klinik ihre Vorräte an Medikamenten und Blutkonserven aufgestockt, in den Intensivstationen kann zusätzlich zu den mit Diesel betriebenen Notstromaggregaten auf Batteriebetrieb umgestellt werden. Wie andere Berliner Betriebe, hat sich das Krankenhaus außerdem mit Funkgeräten eingedeckt - für den Fall, dass die Telefone ausfallen. In den meisten großen Unternehmen wachen Mitarbeiter und EDV-Experten in der Silvesternacht über die Technik und halten den Kontakt zu Feuerwehr und Polizei. 8.500 Polizeibeamte aus Berlin und anderen Bundesländern sind in der Silvesternacht im Einsatz. Nicht nur wegen dem befürchteten Millenniumsbug, sondern auch zur Absicherung der Großveranstaltung in Berlin-Mitte. Für eine eventuelle Massenpanik haben die Behörden bereits einen Notplan entworfen. Über den für den Publikumsverkehr gesperrten S-Bahnhof Unter den Linden sollen Verletzte zur Charité gebracht werden. Vorausgesetzt, die Stromversorgung der S-Bahn und die Infrastruktur des Krankenhauses funktionieren wie gewohnt. ime/dhe

Bericht und Interview Seite 17