: Mit Vakuumbomben gegen Dörfer
■ Beim Vormarsch im Süden Tschetscheniens setzen Kampfjets Brandbomben ein.Die Schlacht um Grosny geht weiter. Premier Putin ist mit bisherigem Verlauf zufrieden
Moskau (dpa) – Die Schlacht um die tschetschenische Hauptstadt Grosny ist gestern fortgesetzt worden. Russische Artillerie begann im Morgengrauen, Grosny mit schwerem Trommelfeuer zu belegen. Neben schweren Geschützen kamen auch Raketenwerfer und Kampfjets zum Einsatz, berichtete die Agentur Interfax. In mehreren Stadtteilen lieferten sich tschetschenische und russische Einheiten erbitterte Gefechte, berichtete die Agentur Itar-Tass.
Im Bezirk Staropromyslowski wurden bei Kämpfen nach russischer Darstellung zahlreiche Stützpunkte muslimischer Rebellen zerstört. Dabei seien mindestens fünfzig tschetschenische Kämpfer getötet worden. Den Bezirk sollen russische Truppen mittlerweile unter ihre Kontrolle gebracht haben. In der seit Wochen belagerten Stadt sollen noch zwischen 1.500 und 2.000 Muslim-Rebellen erbitterten Widerstand leisten. Zudem sollen sich dort noch bis zu 40.000 Zivilisten aufhalten.
Unterdessen stießen russische Truppen im Süden tiefer in die noch von Rebellen kontrollierte Gebirgsregion vor. Der Vorstoß wurde nach Angaben von Interfax durch wiederholte Bombenangriffe der Luftwaffe unterstützt. Dabei setzten die Kampfjets erstmals Vakuumbomben ein, berichtete Interfax unter Berufung auf Militärs im Hauptquartier der russischen Kaukasus-Verbände in Mosdok. Diese Bomben versprühen über dem Ziel zunächst ein Aerosol-Gemisch, das anschließend bei der Entzündung ein tödliches Vakuum erzeugt. Der in Moskau lebende Verteidigungsexperte Pawel Felgenhauer verurteilte die Angriffe mit solchen Bomben auf von Zivilisten bewohnte Landstriche. Russland verstoße damit gegen internationale Konventionen, sagte Felgenhauer.
Russlands Regierungschef Putin äußerte sich zufrieden über den Verlauf der Operation zur Eroberung von Grosny. „In Grosny entwickelt sich alles nach Plan; wir werden weiter das tun, was wir angekündigt haben“, sagte er. Außenminister Igor Iwanow warnte den Westen davor, mit Russland „in der Sprache von Sanktionen“ zu sprechen. „In der Sprache der Sanktionen soll und kann man mit Russland nicht reden“, sagte er.
Nato-Generalsekretär Lord Robertson forderte Russland erneut auf, eine politische Lösung für den Konflikt in Tschetschenien zu suchen. „Russland muss einsehen, was wir im Westen eingesehen haben: Dass es keine militärische Lösung für die Probleme des Terrorismus gibt. Es muss ein politischer Weg gefunden werden, um eine stabile Zukunft zu sichern“, sagte Robertson.
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