Kohl, Jelzin, Clinton: Die Männerfreunde sind sich einig
: Nachgetreten wird nicht

Im Nachhinein besehen, entbehrt es nicht einer gewissen Pikanterie, welche „Männerfreundschaften“ Helmut Kohl in den Kreisen der Mächtigen geschlossen hat. Mit Indonesiens Diktator Suharto ging er gern zum Angeln, bei einem ruhigen Tag auf dem Land schätzte er die Gesellschaft des russischen Präsidenten Boris Jelzin. Alle drei haben ein gewisses Problem mit dem Geld, wenn auch in höchst unterschiedlichem Ausmaß.

Suharto wurde mittlerweile hinweggefegt, aber selbst der „geregelte Übergang“ der Amtsgeschäfte an seinen Mitstreiter Habibie konnte seine Familie nicht davor bewahren, dass jetzt ihr zusammengerafftes Vermögen unter die Lupe genommen wird. Die Kohlsche Schwarzgeldaffäre hingegen zeigt, dass auch ein „Kanzler der Einheit“ in einem demokratischen Land schnell vom Podest geschubst werden kann, wenn er nicht entsprechend vorgesorgt hat. Das wird Jelzin nicht passieren. Schließlich war es die allererste Amtshandlung seines auserkorenen Nachfolgers Wladimir Putin – noch vor dessen Trip nach Tschetschenien –, ein Dekret zu unterzeichnen, das dem in zwielichtige Finanzaffären verwickelten zurückgetretenen Präsidenten Immunität garantiert. Ein glatter Deal, mit dem der Deckel auf dem russischen Dampfkochtopf festgezurrt wurde, damit von der Korruptionssuppe ja nichts nach außen dringt.

Für Jelzin war Eile geboten. Denn je länger Putin agiert, desto größer die Gefahr, dass die russische Bevölkerung von ihm etwas mehr erwartet als Tschetschenien zu bombardieren, und je länger der Krieg dauert, desto unpopulärer wird er werden. Der Rücktritt Jelzins und die vorgezogenen Präsidentschaftwahlen waren also angesichts dieser Interessenlage ein kluger Schachzug.

Doch was in Russland die Spatzen von den Dächern pfeifen, ist im fernen Washington offenbar nicht bekannt. Da stellt sich Präsident Bill Clinton vor die Mikofone und hält eine Laudatio, die das Duo Jelzin/Putin zum Inbegriff von Demokratie und Moral hoch stilisiert. Eine Immunität auf Lebenszeit, um persönliche Bereicherung zu vertuschen, hat mit Demokratie jedoch genauso wenig zu tun wie der Tschetschenienkrieg mit Moral. Unter der Ägide Jelzins und Putins sind dort vermutlich Kriegsverbrechen verübt worden, die beide letzendlich zu verantworten haben. Eine schöne amerikanische Botschaft an eine russischen Bevölkerung, die funktionierende Demokratie bis heute nicht wirklich kennt.

Beate Seel