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Erbitterter Widerstand in Grosny

■ Trotz massiver Angriffe und Kämpfe halten Tschetschenen der russischen Offensive stand. Chef der tschetschenischen Exilregierung deutet Möglichkeit einer Kapitulation an

Moskau (rtr/dpa) – Die russische Offensive auf die tschetschenische Hauptstadt Grosny hat sich offenbar festgefahren. Die Rebellen hielten die Stadt nach eigenen Angaben von gestern fest in ihrer Hand und leisteten trotz der fortdauernden schweren Angriffe erbitterten Widerstand. Lediglich der nördliche Stadtbezirk Staropromyslowski sei von den russischen Truppen erobert worden. Auch die russischen Streitkräfte räumten nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Tass ein, dass sich die Rebellen mit allen Mitteln zur Wehr setzten.

Das Bombardement der Stadt habe am Dienstagmorgen nachgelassen, teilte ein Rebellensprecher telefonisch mit. Es seien fast zwei Stunden lang keine Flugzeuge zu sehen gewesen. Nur vereinzelt seien Schüsse abgegeben worden.

Tass meldete, in Grosnys Innenstadt hielten sich zahlreiche Rebellen auf. Sie hätten auf den Wegen zu ihren Stellungen Minen verlegt und deren Zünder mit Stolperdrähten versehen.

Die Nachrichtenagentur Itar-Tass meldete, die Armee versuche, das Gebiet um den Bahnhof von Grosny einzunehmen. Von dort wurden heftige Kämpfe gemeldet. Außerdem würden Stellungen der Rebellen im Süden der Republik von Artillerie und Luftwaffe angegriffen. Das Militär habe während der Nacht fünfzig Angriffe geflogen. Mehrere Stellungen der Rebellen, darunter auch eine Kommunikationseinrichtung, seien zerstört worden.

Verlässliche Angaben über die Opfer der Kriegsparteien gibt es nicht. Der tschetschenische Sprecher Mowladi Udugow sagte gestern, bei den jüngsten Kämpfen seien bis zu 200 russische Soldaten getötet worden. Das Verteidigungsministerium in Moskau meldete vier Gefallene in den eigenen Reihen und dreißig getötete Tschetschenen.

Unterdessen bereitete sich der von Moskau eingesetzte Chef der tschetschenischen Exilregierung, Malik Saidulajew, auf Verhandlungen mit Feldkommandeuren der tschetschenischen Kämpfer vor. Nach seinen Angaben hätten sich zuletzt 27 Feldkommandeure zur Kapitulation vor den russischen Truppen bereit erklärt, berichtete die Agentur Interfax. Unter ihrem Kommando stünden knapp 4.000 Rebellen. „Sie sind bereit, ihre Waffen niederzulegen, sofern ihre Sicherheit garantiert wird“, zitierte ihn Interfax. „Die Leute sind einfach kriegsmüde und wollen nur Frieden und Ruhe in ihrem Land.“ Eine offizielle Erklärung der tschetschenischen Führung gab es dazu nicht.

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