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Hundsgemein oder unvermeidbar?

Tierschützer und -befreier streiten über Tötung agressiver Pitbulls im Tierheim Süderstraße  ■ Von Kai von Appen

Der Vergleich mit der Volksfront von Judäa würde sich aufdrängen – ginge es nicht um Tod oder Leben, und sei es auch „nur“ von Hunden: Der Vorstand der Organisation „die tierbefreier“ hat Strafanzeige gegen den Chef des Hamburger Tierschutzvereins Wolfgang Poggen-dorf wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz erstattet.

Hintergrund ist, dass das vom Verein betriebene Tierheim Süderstraße im vergangenen Jahr 24 Pittbulls eingeschläfert hat. Poggen-dorf hielt die Tiere für nicht mehr resozialisier- und vermittelbar, weil sie von ihren Besitzern gequält und scharf gemacht worden sind. Die Tierbefreier meinen hingegen, die vorsätzliche Tötung sei mit dem Tierschutzgesetz nicht vereinbar. „Wer die Rechte der Tiere so mit Füßen tritt, nur weil Pitbulls keine Lobby haben“, so Sprecher Markus Schaak, „hat sich als Tierschützer auf Dauer disqualifiziert.“ Die Tierbefreier berufen sich auf den Veterinärmediziner des Bezirksamtes Hamburg-Mitte. Dieser habe sich zunächst geweigert, die Tötungen zu genehmigen. Erst auf Anweisung des Landesveterinärarztes der Gesundheitsbehörde Peter Brehm habe er dann seine Unterschrift gegeben.

Poggendorf hat für diesen Sachverhalt eine einfache Erklärung. Der Bezirks-Veterinärarzt habe zunächst nicht „den Henker“ spielen wollen, da er die Hunde nicht kannte, so Poggendorf. „Später hat er aber bescheinigt, dass die Maßnahme im Einklang mit dem Tierschutzgesetz steht.“ Ob die Tötungen rechtlich zulässig waren oder nicht, entscheidet nun die Hamburger Staatsanwaltschaft. Sprecher Rüdiger Bagger: „Die Ermittlungen laufen noch, werden aber wohl mit einer Einstellung enden.“

Poggendorf bestreitet nicht, daß auch scharf gemachte Kampfhunde resozialisierbar sind: „Wir arbeiten auch mit den Hunden.“ Dafür seien fünf Tierpflegerinnen auf Kursen in der Schweiz gewesen. In bestimmten Fällen hält der Chef des Tierschutzvereins die Einschläferung aggressiver Pitbulls aber auch weiterhin für gerechtfertigt. „Es gibt Pitbulls, die sind so gequält worden, dass man die nicht wieder hinkriegt – die sind kaputt“, so Poggendorf. Sie über Jahre in einem Zwinger zu halten, sei Tierquälerei.

Claudia Schürmann vom Verein „Bullterrier-Not“ hält hingegen die Tötung von Pitbulls in Tierheimen, die bundesweit praktiziert wird, für nicht notwendig. Auf ihrer Farm in Westfalen werden derzeit 30 Pitbulls und Stafford-Terrier resozialisiert. „So etwas ist generell möglich“, so Schürmann, „das geht aber nicht in zwei Monaten, sondern kann ein Jahr dauern.“ Die Tiere bräuchten viel Auslauf und Zugang zu Menschen. Zudem müssten sie von anderen Hunden isoliert werden, da sonst ihr „genetischer“ Instinkt als Kampfhund geweckt würde. „Die Tierheime verfügen über ausreichende finanzielle Mittel, um diese Bedingungen zu schaffen“, so Schürmann. Der Tiertrainerin gelingt es nach eigener Auskunft auf ihrer Farm, 95 Prozent aller Pittbulls zu resozialisieren.

Das eigentliche Problem, so Schürmann, sei aber nicht der Hund, sondern der Mensch. Pitbulls würden aus Mode- und Prestigegründen angeschafft und überall, „zum Teil im 5. Stock auf dem Balkon“ gezüchtet. Die Abnehmer hätten meist gar nicht die Absicht, sich für 13 Jahre einen Hund anzuschaffen.

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