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Elián González soll in Kuba zur Schule gehen

Die US-Migrationsbehörde will den sechsjährigen Flüchtlingsjungen zurückschicken

Berlin (taz) – Der sechsjährige Elián González soll aus dem US-amerikanischen Miami nach Kuba zurückkehren. Das hat gestern die US-Einwanderungsbehörde entschieden. Der in Kuba lebende Vater habe das Sorgerecht für den Jungen, so die Behörde – und er kämpft schon seit Ende vergangenen Jahres um Eliáns Rückkehr.

Am 25. November hatte Elián González den Untergang eines kubanischen Flüchtlingsbootes vor der Küste Floridas überlebt. Seine Mutter und sein Stiefvater waren, wie sechs weitere Flüchtlinge, bei dem Unglück ums Leben gekommen.

In Miami ist Elián bei Verwandten untergekommen, deren Anwälte dem Jungen Bleiberecht verschaffen wollten. Dabei war schwer zu argumentieren, dass Elián in Kuba Verfolgung zu befürchten hätte, leben doch Eliáns Vater und seine Großeltern noch in Kuba – und fordern vehement die Rückkehr des Jungen auf die Insel. Das sieht die kubanische Regierung ganz genauso, und so ist der Streit um Elián längst zu einem Politikum geworden. Seit Dezember hatte das kommunistische Regime Demonstrationen zehntausender kubanischer Schulkinder vor der US-Vertretung in Havanna organisiert. Am Dienstag dieser Woche nahm Staatschef Fidel Castro erstmals persönlich an einer solchen Veranstaltung teil.

Unterstützung erhielt die kubanische Seite dabei vom US-Kirchenrat, der größten ökumenischen Dachorganisation in den USA. Bei einem Besuch in Kuba versprach dessen Generalsekretärin Joan Brown Eliáns Vater noch am Dienstag, sich für die Rückkehr seines Sohnes einzusetzen.

Nun soll Vater Juan Miguel González nach Miami reisen, um Elián dort abzuholen. Die kubanische Regierung hat im Prinzip signalisiert, ihm für eine solche Reise auch ein Visum zu erteilen – doch die Möglichkeit, er könnte schlussendlich auch in Miami bleiben wollen, wäre für das Regime äußerst peinlich. So hatte Parlamentspräsident Ricardo Alarcón ihm von der Reise abgeraten. Doch González wollte auch gar nicht fahren – er fürchtet, in den USA unter Druck gesetzt zu werden. „Sie könnten sogar versuchen, mich zu entführen oder mich umzubringen“, sagte González dem US-Fernsehsender CNN. Schließlich hatte Kirchenratsgeneralsekretärin Brown angeboten, sie könnte Elián persönlich zurückbringen.

Was der Junge selbst will, weiß niemand. Am Dienstag hatte er an der Lincoln-Marti-Schule in Miami seinen ersten Schultag absolviert. Seine in Miami lebenden Verwandten wollen gegen die Entscheidung der Behörden in Berufung gehen. Bernd Pickert

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