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Dreißig Millionen Mark für eine Unterschrift

Die 30-Millionen-Mark-Investition in den Brasilianer Alex Alves markiert eine tiefe Zäsur in der Vereinsgeschichte von Hertha BSC – auch was den Erfolgsdruck betrifft

Die große Hoffnung von Hertha BSC misst gerade mal 1,77 Meter. Für einen Fußballer der Marke „Wunderstürmer“ nicht gerade Furcht erregende Ausmaße. Wesentlich beeindruckender klingt da schon der Name des verheißungsvollen Neuberliners aus Brasilien: Alexandre Alves do Nascimento – Künstlername: Alves.

Obwohl der 24-Jährige aus Belo Horizonte beim ersten Training nach der Winterpause am vergangenen Mittwoch fehlte, lag Alves’ Schatten über dem Übungsgelände am Olympiastadion. Zwar ist der ihm vorgelegte Dreijahresvertrag noch nicht unterzeichnet, doch sind laut Hertha-Manager Dieter Hoeneß „nur noch Formalitäten zu klären“. Die Verpflichtung von Alves soll kommende Woche als Highlight beim hiesigen Hallenturnier in der Max-Schmeling-Arena über die Bühne gehen.

Der Name Alex Alves markiert einen tiefen Einschnitt in Herthas fast 108-jähriger Geschichte. Galt bislang der im Sommer für stattliche sieben Millionen Mark von Bayern München verpflichtete Stürmer Ali Daei als teuerster Neuzugang, so übertritt Alves dieses „Kopfgeld“ gleich um mehr als das Doppelte: 15 Millionen Mark sollen die Berliner an den abgebenden Klub Cruzeiro Belo Horizonte überweisen müssen.

„Auf dem internationalen Markt sind diese Summen inzwischen nichts Ungewöhnliches mehr“, rechtfertigt Robert Schwan, Aufsichtsratsvorsitzender bei Hertha BSC, die gigantische Investition in die neue Arbeitskraft, die immerhin für einen Dreijahresvertrag fünf Millionen Mark Bruttogehalt per annum kassiert. Damit hätten Schwan, Hoeneß & Co. mit einer Unterschrift 30 Millionen Mark ausgegeben.

Aus der „Hungerharke“ Hertha von einst, deren Profilizenz bis zum Einstieg des Marketingpartners UFA 1994 permanent in Gefahr war, ist ein Global Player geworden. Spätestens seit dem Einzug in die europäische Champions League zu Beginn der laufenden Spielzeit 1999/2000 konkurriert die einstige Skandalnudel von der Spree nun mit den Nobeladressen dieser Welt: FC Barcelona, Ajax Amsterdam, Arsenal London oder AC Mailand.

Aber Geld scheint momentan zur Genüge vorhanden zu sein. Genüsslich rechnete Präsident Walter Müller auf der letzten Mitgliederversammlung Ende November den zunächst perplexen, dann euphorisierten Untergebenen vor, dass sich die „alte Dame“ Hertha zu einer Schönheit mit satter Mitgift entwickelt hat, die sich einen Latin Lover wie Alves durchaus leisten könne. Der Verein, so Müller im ICC, habe in der Saison 1998/99 – vor Steuern und dem immer noch andauernden Geldregen in der Champions League – fast 53 Millionen Mark umgesetzt. Für das folgende Bilanzjahr prognostizierte der leitende Angestellte von DaimlerCrysler satte 93 Millionen Mark. Zum Vergleich: Vor einem Jahrzehnt dümpelte das stets vom Kentern bedrohte blauweiße Vereinsschiff bei mickrigen 15 Millionen Mark Umsatz.

Bei den wagemutigen Zahlenspielen könnte es Trainer Jürgen Röber schwindelig werden. Der sportliche Verantwortliche bei Hertha weiß, dass er mit jeder investierten Mark zunehmend unter Erfolgsdruck gerät. Jede Niederlage oder die leiseste Andeutung einer Formkrise seines neuen „Brasilien-Bombers“ Alex Alves bringt seinen Arbeitsplatz in der Hire-and-fire-Branche zusätzlich in Gefahr. Jürgen Schulz

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